Der Rapid-Turbo

Der Jahreswechsel ist die Zeit, zurück zu blicken und sich zu fragen, wie es kam, das alles so ist wie es ist. Unser diesjähriger Rückblick betrifft die Frage, wie es Rapid schaffen kann, trotz größter sportlicher Hoppalas in der Gunst der Zuschauer ganz vorne zu liegen. Präsident Krammer hat bei seinem gestrigen Statement zur Lage von Rapid berichtet, dass 43% der Besucher von Bundesliga-Spielen zu einem Spiel mit Rapid-Beteiligung kommen! Aber warum? War das immer so? Alles wirkt wie eine kitschige Weihnachtsgeschichte aber sie ist das Produkt harter Arbeit, Begabung und einer  guten Portion glücklichen Zufalls, dass Rapid fantechnisch dort steht, wo es eben steht.

Wenn die Bundesliga Steigerungen der Zuschauerzahlen vermeldet, folgen diese in der Regel den Steigerungen der Zuschauerzahlen bei Rapid. Weil Rapid ein Mitgliederverein ist und die finanzielle Beteiligung der Mitglieder am Umsatz ein bedeutender Faktor in der Gebarung ist.

Dass es auch anders sein kann, zeigen die Beispiele von Salzburg und Favoriten.

In Salzburg, beim Verein in Firmeneigentum (irgendwie ein Widerspruch), wird ein Double nach dem anderen eingefahren und die Zuschauerzahlen sinken bis auf den Bundesliga-Schnitt. Die Zuschauer sind ja dem Management auch nicht besonders wichtig, weil ihr Anteil am Budget unbedeutend ist und die Betreuung all zu vieler Mitglieder viel aufwändiger ist als das Investieren von Geld aus einem Füllhorn. Und weil Fans durchaus ein unangenehmes Eigenleben entwickeln können, werden allzu viele Fans eher als Störfaktor empfunden.

Bei unserem Stadtrivalen gibt es eine Weihnachtsfeier. Im Rathaus. Ein Bild zeigt die Szenerie: 21 Tische mit je 8 Personen insgesamt 168 Gäste. Wer kann das schon sein. Wenn es nicht etwa weitere Säle gibt sind das gerade einmal die Spieler, die Vereinsleitung jeweils mit Begleitung sowie wichtige Sponsoren. Mitglieder dürften nicht vertreten sein.

Vorurteile

Versuche einmal die folgenden Fragen zu beantworten (Auflösung weiter hinten):

  • Rapid ist so beliebt, weil immer schon so viele Zuschauer in Hütteldorf waren!
  • Rapid war der erste Verein mit einem Zuschauerschnitt über 10.000!
  • Rapid ist so beliebt, weil man sportlich so erfolgreich ist!
  • Rapid ist so beliebt, weil sich Rapid „Rekordmeister“ nennt!
  • Rapid ist so beliebt, weil es dort so viele „Proleten“ gibt!
  • Rapid ist so beliebt, weil sich dort viele „Randalierer“ treffen!
  • Rapid hat so viele Zuschauer, weil Wien ein großes Einzugsgebiet hat!

Bevor wir an die Beantwortung dieser Fragen gehen, wollen wir die Entwicklung in den Zeiten der heutigen Bundesliga genauer betrachten.

Nackte Zahlen

Die Bundesliga zeichnet die Zuschauerzahlen seit der Saison 1974/75 auf; sowohl die Gesamtzahl der Zuschauer als auch ihre Zahl pro Verein. Aus diesen Angaben ergeben sich folgende „Fieberkurven“ der Zuschauerzahlen der Bundesliga (grau), der Austria (violett), von Sturm (schwarz), von Salzburg (Austria Salzburg und RB) (rot) sowie von Rapid (grün):

Zu jeder „Fieberkurve“ gibt es auch eine gleichfarbige, punktierte Linie, die den Langzeittrend seit der Saison 1974/75 anzeigt. Weiters wurden bei jeder Saison mit dem farbigen Stern die jeweiligen Meistertitel angegeben (fehlende Sterne bedeuten, dass eine andere, hier nicht angeführte Mannschaft Meister war) und mit einem farbigen Gesicht der Verein mit den meisten Zuschauerzahlen.

Dass die Zuschauerzahlen stark schwanken, liegt an ihrem Zufallscharakter. Die Schwankungen ergeben sich aus dem sportlichen Erfolg, der Konkurrenzsituation am Freizeitmarkt, der jeweiligen Zusammensetzung der Liga, der Ausgeglichenheit des Bewerbs uvam. und darüber hinaus auch aus Einflussgrößen, die nicht näher bekannt sind oder nur vermutet werden können, wahrscheinlich sogar der Wetterlage.

Folgendes kann man aus den Verläufen schließen:

  • Die Zuschauerzahlen seit den Anfängen der Liga sind steigend; allerdings nicht für alle Vereine mit demselben Anstieg. Dem Bundesligazuwachs von 63 % stehen 329 % bei Rapid gegenüber (gemessen an der Trendlinie).
  • Die Schwankung der durchschnittlichen Zuschauerzahlen der Bundesliga ist geringer als jene der einzelnen Vereine.
  • Die Zuschauerzahlen der Vereine können in während erfolgreicher Saisonen Spitzen aufweisen, wie zum Beispiel bei den Spitzenwerte bei Sturm (1997/98) und Salzburg (1992-1995 und 2005-2008) aber auch deutliche Einbrüche, wie man bei Rapid (um 2001, Ära Matthäus) sieht.
  • Es gibt aber auch Verläufe, die mit dem Erfolg nicht direkt in Zusammenhang stehen. Zum Beispiel sieht man bei der Kurve der Wiener Austria den Effekt, der steigenden Zuschauerzahl im Erfolgsfall nicht sehr deutlich bis gar nicht oder es steigen die Zuschauerzahlen bei Rapid trotz mäßigem sportlichen Erfolg deutlich an (in den letzten 10 Jahren).

Was uns natürlich besonders interessiert, sind die Zuschauerzahlen bei Rapid und daher versuchen wir die eingangs gestellten Fragen auch anhand der Grafik zu beantworten. (Größere Darstellungen bei den Links.)

Rapid ist so beliebt, weil immer schon so viele Zuschauer in Hütteldorf waren!

Um die Popularität eines Vereins im Laufe der Saisonen besser beurteilen zu können, wurde bei jeder Saison der Verein mi der höchsten Zuschauerzahl und der jeweilige Meister angegeben. Man kann gut sehen, dass Rapid keineswegs immer der Verein mit den meisten Zuschauern war. In den Anfängen der Bundesliga dominierte die Austria und das stand durchaus mit dem Erfolg in Zusammenhang. Man feierte immerhin von 1979 bis 1982 vier Meistertitel in Folge. Dann gab es die temporären Erfolge der Austria Salzburg und von Sturm Graz, die das Interesse für jeweils einige Jahre aus der Bundeshauptstadt abzog.

Nein, es waren nicht immer die meisten Zuschauer in Hütteldorf!

Rapid war der erste Verein mit einem Zuschauerschnitt über 10.000!

Der erste Verein, der die 10.000er Marke geknackt hat, war Austria Salzburg in der Saison 1991/92 bis zur Saison 1997/98. Rapid konnte dieses Zuschauerzahl erst punktuell in der Meistersaison 1995/96 einmalig übertreffen, um aber danach wieder auf mäßige Werte zu sinken. Heute ist der Zuschauerschnitt bei Rapid eher bei 20.000 als bei 10.000 aber das ist erst seit der Saison 2003/04 die Regel.

Also nein, vor dem Zuschauerhöhenflug in Hütteldorf waren es Bundesländervereine in Salzburg, Innsbruck und Graz, die als erste so etwas wie einen Hype ausgelöst haben, diesen Zuspruch aber nicht nachhaltig halten konnten.

Rapid ist so beliebt, weil man sportlich so erfolgreich ist!

Betrachtet man nur die jüngere Vergangenheit, also die dargestellte Zeit der Bundesliga seit 1974, kommt Rapid auf gerade einmal 7 Meistertitel, die Austria auf 14, Salzburg auf 11. Wären also die Titel für die Zuschauerzahlen verantwortlich, müssten Salzburg und die Austria weit vor Rapid liegen.

Ja, es gibt punktuelle Zuschauerhäufungen in Phasen des Erfolgs, aber das erklärt nicht den Mechanismus, warum Zuschauerzahlen steigen, obwohl es gar keinen zählbaren Erfolg gibt.

Rapid ist so beliebt, weil sich Rapid „Rekordmeister“ nennt!

Ich glaube nicht, dass viele Zuschauer kommen, weil sie den „Rekordmeister“ sehen wollen. Sollte es welche geben, dann werden sie enttäuscht wieder gehen und nie wieder kommen, denn ein Spiel gegen den „Rekordmeister“ suggeriert ein Spiel besonderer Qualität, es stellt sich aber als stinknormales Fußballspiel heraus, wo von einem „Rekordmeister“ weit und breit nichts zu sehen ist. Jene, die also etwas ganz Besonderes sehen wollen, sind enttäuscht, weil das, was sie sehen ist ein punktuelles Ereignis, ein Fußballspiel; „Rekordmeister“ ist ein Langzeitwert, den man im Moment nicht erlebt.

Mein Eindruck ist, dass das Attribut „Rekordmeister“ für den Verein von den Kommentatoren auf unzulässige (aber durchaus so beabsichtigte Weise) gebraucht wird. Kaum wird ein Spiel mit Rapid im Fernsehen übertragen, meint der jeweilige Sprecher, das Spiel ginge gegen den „Rekordmeister“. Das erzeugt bei den Zuschauern eine völlig überzogene Erfolgserwartung und bei den Spielern einen großen Erfolgsdruck. Die Realität am Platz bringt meist Ernüchterung bei den Zuschauern und Frust bei den Spielern.

Ja, wenn’s läuft, dann träumt man gern einmal davon, den „Rekordmeister“ ausbauen zu können. Aber meist ist das nicht der Fall und der „Rekordmeister“ stellt sich als ein Rucksack heraus, den man lieber wegstellen möchte.

Ich finde den „Rekordmeister“ eher abschreckend für Erfolgsfans.

Rapid ist so beliebt, weil es so viele „Proleten“ gibt!

Man unterstellt den Anhängern von Rapid gerne, dass sie aus den unteren Schichten der Wiener Bevölkerung stammen. Dazu könnten uns Soziologen viel erzählen. Ich kann nur meine eigenen Beobachtungen und Interpretationen nennen. Einer meiner Lieblingsschals ist jener mit dem selbstironischen Schriftzug „Asoziale Wiener Proleten“. Dieser Schriftzug sagt eigentlich, dass man die Kampfansage jener, die diesen Spruch gegen Rapid verwenden, gerne aufnimmt und ihn in den eigenen Sprachjargon übernimmt und damit eben zum Ausdruck bringt, dass der Eindruck des Gegners einfach nicht stimmt.

Es ist umgekehrt, dass nämlich sehr viele, vom Schicksal weniger Begünstigte gerade dorthin gehen, wo ihre Benachteiligungen keine Rolle spielen, wo allein ihre regelmäßige Anwesenheit zählt und geschätzt wird.

Man geht einfach dorthin, wo man mit seinen Besonderheiten, Ecken und Kanten, Skurrilitäten usw. eher akzeptiert wird. Also nicht, weil es so viele eigenartige „Vögel“ gibt, sondern weil man sie bei Rapid akzeptiert und integriert.

Rapid ist so beliebt, weil sich dort viele „Randalierer“ treffen!

Folgt man den Zeitungsmeldungen, könnte man durchaus meinen, Rapid wäre eine organisierte Räuberhöhle. Das ist aber sicher nicht der Fall. Zwar ist es nicht jedermanns Sache, den Ultras anzugehören aber ich versichere Euch, dass ich sehr viele Block-West-Steher kenne, die allein vom Bedürfnis getragen werden, zu einem starken Kollektiv gehören zu dürfen.

Bei der Eröffnung der neuen Südtribüne gab es einen enormen Andrang auf die dortigen 8600 Plätze. Es gibt bei Rapid keine 8600 „Extremisten“. Im Gegenteil! Eine so große Gruppe kann gar keine extremen Haltungen einnehmen, sonst würden die Gemäßigten gleich wieder abwandern. Die Gruppe muss im Gegenteil wegen der Heterogenität der vielen Teilgruppen alle Extreme vermeiden, um einen Zusammenhalt zu gewährleisten.

Es liegt in der Natur einer Gruppe aus überwiegend jungen Männern, dass rechte Überzeugungen überwiegen. Aber durch das selbstauferlegte Prinzip eines unpolitischen Blocks werden extreme Positionen eher unterdrückt, weil sie den Zusammenhalt stören.

Nein, das Rapid-Publikum ist durchaus enthusiastisch aber nur in Minderheiten eventuell als extrem zu bezeichnen – auch im Block. Durch die große Zahl der Zuschauer Extreme durch einen kollektiven Lernprozess abgefedert.

Nein, das Publikum bei Rapid ist völlig unterschiedlich von jenem Bild, dass die Presse gerne von ihm zeichnet. Wäre es nämlich so, nämlich „extrem“, dann würden die Spiele nur sehr geringe Zuschauerzahlen anlocken, eben die „extremen“.

Rapid hat so viele Zuschauer, weil Wien ein großes Einzugsgebiet hat!

Dieses Argument wurde zuletzt von Marco Rose angeführt, als man ihn auf die geringe Zuschauerzahl in Salzburg angesprochen hat. Auch ich habe mir früher so etwas Ähnliches gedacht, allerdings zeigt ein Blick auf die historischen Daten, dass es Zeiten gegeben hat, in denen die Zuschauerzahlen in den Bundesländern deutlich über jenen der Wiener lagen und zwar in den Hochs der Austria Salzburg und Sturm Graz (Innsbruck wurde in der Grafik nicht erfasst). RB konnte in den Anfangsjahren 2005 bis 2009 einen ähnlichen Zuschauererfolg verbuchen, um in den letzten Jahren trotz großer sportlicher Erfolge auf das Niveau des Bundesligaschnitts zurück zu fallen.

Man muss auch bedenken, dass der Stadtrivale, die Austria, dasselbe Einzugsgebiet wie Rapid hat, aber so wie RB bestenfalls den Bundesligaschnitt erreicht.

Wir erinnern uns an die Anfangseuphorie in Mattersburg, als man dort 10.000 Zuschauer und mehr gezählt hat. Wo sind die Zeiten geblieben?

Nein, es liegt auch nicht am Einzugsgebiet.

Woran liegt es dann?

In einem so komplexen System wie es Fußball ist, gibt es keine einfachen Antworten; nicht beim Spiel und auch nicht in der Verwaltung. Erfolg hat viele Väter. Und man braucht auch eine Portion Glück. Rapid hatte großes Glück aus dem Schlamassel rund um die Rapid-Aktie herauszukommen. Diese Zeit habe ich nicht miterlebt aber auch die Übernahme der Präsidentschaft durch Rudolf Edlinger war ein solcher Glücksfall, ist es doch gelungen, den Ausfall der Bank Austria als Sponsor einigermaßen aufzufangen. Und die reibungslose Übergabe an Michael Krammer mit dem Stadionneubau erlebe ich als einen wirtschaftlichen Höhenflug sondergleichen. Aber dieser Höhenflug hat Rapid nicht abheben lassen. Rapid ist trotz seines großen Wachstums ein Verein zum Angreifen geblieben. Wir wollen die Wichtigkeit dieser wirtschaftlichen Überlebensbedingungen nicht vergessen, dennoch aber den wahrscheinlich wichtigsten Faktor nennen.

Wenn wir als Mitglied zu Rapid kommen, dann haben wir nicht Kontakt mit dem Präsidium, wir sind in Kontakt mit Andy, Astrid, Birgit, Christopher, David, Gernot, Jennifer, Lukas, Martina, Mario, Robert, Tamara und sicher noch vielen anderen. Die Präsidenten kommen und gehen, aber Andy bleibt ein Fixpunkt. Für uns wird Rapid durch Andy und sein Team verkörpert. Sie verkaufen uns „Rapid“.

Die – so wie ich – in der Ausbildung mit Mathematik zu tun hatten, wissen, dass man allerlei behaupten kann, aber ohne Beweis bleibt alles eine interessante Theorie. Alles Nicht-Mathematische wieder kennt den „Beweis“ nicht – in der in der Mathematik üblichen Exaktheit. Vieles kann so oder auch ganz anders interpretiert werden; ob eine Behauptung wahr ist, kann man erst nach langer Zeit, wenn überhaupt feststellen. Lasst es uns dennoch versuchen.

Behauptung: Der Rapid-Turbo ist „Andy Marek“

Es war 1992. Damals war Anton Benya Rapid-Präsident, als ein junger Mann aus einer Gruppe mehrerer Bewerber sich beim Tag der offenen Tür erstmals als Moderator versucht hat und ausgewählt wurde. Beim Spiel gegen den Sportklub am 24.7.1992 begann seine Laufbahn als Stadionsprecher von Rapid. Dieses erste Spiel wurde zwar verloren aber für Rapid hat damals ein einmaliger Aufschwung begonnen. Es gab in diesen 25 Jahren sportliche Höhepunkte aber die waren sicher nicht der alleinige Motor der heutigen Popularität. Wesentlich war die Zuwendung zu den Mitgliedern und die Erkenntnis, dass für Rapid allein diese Mitgliederbasis der Schlüssel zum wirtschaftlichen und sportlichen Überleben ist.

Es begann gleich mit einem Hype rund um die Meistersaison 1995/96 und das folgende Europacupfinale; einen Hype, der die Zuschauerzahlen – ganz ähnlich wie bei Salzburg vorher und bei Sturm nachher – in die Höhe schnellen ließ, allerdings damals noch nicht nachhaltig, denn mit den ersten Misserfolgen schwand auch das Interesse des Publikums.

Die Gründung des Klubservice war möglicherweise eine Reaktion darauf. Wer bei Rapid eine Eintrittskarte erwirbt, kauft damit nicht nur den Eintritt zu einem Spiel, er bekommt Gemeinschaft und Emotion und wird Teil eines großen Projekts; jeder Einzelne. Das Klubservice fördert die Gründung von Fanklubs und unterstützt diese durch Fanklubkarten und durch besondere Betreuung, die wir gerade gestern wieder bei der Weihnachtsfeier der Fanklubs erleben durften, den Zusammenhalt innerhalb dieser Fanklubs.

Als weiterer Vorteil für Rapid erwies sich Andys Erfahrung bei der Herstellung und Gestaltung von Kleidungsstücken im Rahmen seiner damaligen Waldviertler Fertigung, die er in das Rapid Merchandizing einbrachte (ca. 2003).

Als Waldviertler vergrößerte Andy das Einzugsgebiet nach Hütteldorf zumindest um Niederösterreich und das Burgenland, punktuell aber auch darüber hinaus. Andy tourt das ganze Jahr durch das Land und wirbt als Rapid-Botschafter bei allen diesen Auftritten für Rapid. Das Besondere an dieser Art von Werbung ist, dass sie einerseits sehr viel Aufwand (für Andy) bedeutet aber gleichzeitig Rapid nichts kostet. Darüber hinaus hat die Erwähnung von „Rapid“ bei diesen Anlässen viel mehr Gewicht als es ein bezahlter Werbespruch oder ein bezahltes Werbeplakat (à la Stadtrivale) haben. Andy absolviert ca. 200 Moderationen pro Jahr, seine Ansagen als Stadionsprecher sind dabei in der Minderheit. Bei allen diesen Gelegenheiten geht es ihm um die Botschaft „Rapid“, egal, ob es ein Laufevent ist, eine Weihnachtsfeier oder ein Talentewettbewerb ist.

Niemand weiß besser als ein Fußballverein, dass man Erfolg leichter verkaufen kann als Misserfolg. Wenn also der Zuspruch eines Vereins allein auf dem Erfolg in Form von Meistertiteln beruht, dann ergeben sich die typischen zuerst steigenden und dann wieder sinkenden Zuschauerzahlen, die wir in der obigen Grafik verfolgen können. „Ohre Erfolg, keine Zuschauer“ könnte man sagen. RB und die Austria bringen es sogar zustande, sogar „Mit Erfolg, keine Zuschauer“ zu haben.

Wer sich Rapid anschließt, kauft nicht in erster Linie „Erfolg“, sondern in erster Linie die Zugehörigkeit zu einer großen Gemeinschaft, die darauf hofft, durch kollektive Anstrengungen Erfolge feiern zu können.

Bei jeder Begegnung mit Andy und irgendeinem aus seinem Team wird uns das bewusst. Es ist ziemlich gleichgültig, wer der jeweilige Gesprächspartner ist, ob ein potenter Sponsor, ein einflussreicher Capo oder ein einzelner Besucher; man spricht mit einer Person, die davon beseelt ist, dieses „Rapid“ zu dem zu machen, was sich alle wünschen, dass es sei. Daher ist es uns allen auch ein Anliegen, dass jeder, dem Rapid am Herzen liegt, auch Mitglied werden sollte.

Beweis

Es gibt einen abgedroschenen Spruch, dass man nur jenen Statistiken trauen sollte, die man selbst gefälscht hat. In diesem Fall besteht die „Fälschung“ darin, die obige Darstellung in zwei zeitliche Abschnitte zu teilen und ansonsten nichts zu verändern. Einmal den Abschnitt von 1974-1991 und dann den Abschnitt von 1992 bis heute. In diese beiden Darstellungen wurden wieder die Trendlinien eingetragen.

Das Ergebnis ist verblüffend, weil es in viel größerer Deutlichkeit die Entwicklung der Ära „Andy Marek“ zeigt.

1974-1991

Die Unterschiede der Zuschauerzahlen zwischen den Vereinen sind zunächst gering, anfangs liegt sogar die Austria voran, wird später von Rapid überholt, aber in der letzten betrachteten Saison 1991/92 mit liegt die Austria wieder gleichauf bei etwa 7000 Zuschauern pro Spiel. Interessant ist auch der Trend, er zeigt bei allen Vereinen nach unten; nur die Salzburger Austria beginnt Ende der 1980er Jahre ihren sportlichen Höhenflug, der auch die Zuschauerzahlen und daher auch die Trendlinie in die Höhe treibt.

1992-2017, Ära „Andy Marek“

Diese Grafik zeigt also jene Zeit, in der Andy Marek sich um die Rapid-Fans „kümmert“. Und diese Ansicht zeigt das kontinuierliche Wachstum der Zuschauerzahlen noch deutlicher, während die Zuschauerzahlen der Mitbewerber stagnieren und der Bundesligaschnitt praktisch allein durch den Zuschauerzuspruch bei Rapid angehoben wird.  Das kann natürlich alles Zufall sein aber wenn man die Anstrengungen von Andy in diesem Zeitraum betrachtet (Klubservice, Merchandising, Werbeaktivitäten, Fanklubs…), ist es schwer, diesem Zusammenhang nicht zu folgen.

Man kann es auch in Zahlen fassen: Zuschauerzahl = 5487 + 511 * (Jahr-1992) Das ist die Trendgleichung des Erfolgslaufs von Rapid zwischen 1992 und heute. Man begann 1992 mit etwa 5.487 Zuschauern pro Spiel. Und in jedem Jahr stieg die Zuschauerzahl um etwa 500 Besucher. Ausgewertet für 2017 ergibt die Formel 5.487 + 511 * 2017-1992 = 5.487 + 511 * 25 = 5.487 + 12.775 = 18.262 Zuschauer. Ungefähr natürlich!

Der Ligaschnitt der Zuschauerzahlen lag 1992 bei etwa 5.000 Zuschauern und konnte sich seither um etwa 40 Prozent auf etwa 7.000 steigern. Die Zuschauerzahlen der Wiener Klubs lagen anfangs geringfügig über diesem Bundesliga-Schnitt, die Austria lag sogar vor Rapid. Dann aber kam nach wirtschaftlich sehr problematischen Jahren die Meistersaison 1995/96 mit dem EC-Finale, was einen punktuellen Zuschauerrekord, erstmals über der 10.000er Marke brachte. Aber das war noch eine Eintagsfliege. Erst nach diesem Jahr wurde von Andy Marek das Rapid-Klubservice gegründet, eine Einrichtung, die ausschließlich der Betreuung der Fans dient.

Noch waren die Zuschauerzahlen sehr vom Erfolg abhängig. Blieb der Erfolg aus, blieben die Zuschauer zu Hause. Die Ära Matthäus trug dazu bei, dass die Zuschauerzahlen ein letztes Mal unter jene der Austria fallen. Während dieser Flaute wurde das Rapid-Merchandising gegründet und mit den phantasievollen Entwürfen wurde eine bis dahin nicht gekannte Identifikationsmöglichkeit geschaffen. Vergleiche mit den Kollektionen europäischer Topklubs in England und Deutschland haben uns gezeigt, dass Entwürfe der Rapid-Teams einmalig sind.

Josef Hickersberger schaffte es, mit zwei unglaublich talentierten Spielern, Steffen Hofmann als Kapitän und Andy Ivanschitz und seinem Sager von „St. Hanappi“ nicht nur den 31. Meistertitel zu holen sondern auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl mit einer vorher nicht gekannten Beständigkeit zu begründen. Merchandising, Erfolg und Zuschauerzuspruch scheinen sich gegenseitig aufzuschaukeln. Ansprechende Kollektionen, immer wieder neue Designs kurbeln den Verkauf an und stärken das Zusammengehörigkeitsgefühl.

Mit dem Meistertitel 2004/05 erreicht man in St. Hanappi erstmals einen Zuschauerschnitt von fast 15.000 Zuschauern pro Spiel – um seither von diesem Niveau nicht mehr abzusinken sondern im Gegenteil diesen Schnitt immer weiter anzuheben. Der zweite Meistertitel 2008 trägt auch dazu bei, die Zuwachsraten auf hohem Niveau zu halten. Zwar gibt es in der Folge kleine Einbrüche in Zeiten fehlender internationaler Teilnahme aber der Trend zeigt klar nach oben. Erstmals wurde 2016/17 die 20.000er Marke bei den Zuschauerzahlen übertroffen (natürlich war hier die Stadioneröffnung der Motor).

Dieser deutlich über dem Ligamittelwert liegende Besucheranstieg kann nicht – wie die punktuellen Spitzenwerte von Austria Salzburg und Sturm Graz – durch Meistertitel argumentiert werden. Es muss sich um etwas anderes handeln, das diese Anstiege fast unabhängig von dem Erfolg des Mannschaft verursacht hat.

Kein Rapidler sollte ins Stadion gehen, weil gewonnen wird oder nicht gehen, weil verloren wird. Man geht nach Hütteldorf, um Rapid zu stärken, um dazuzugehören, um seine Freunde zu treffen, um mitzuhelfen. Bei Rapid verkauft man auch Eintrittskarten zu Fußballspielen, aber das eigentliche Ziel sind Mitglieder, die einer Gemeinschaft angehören wollen. Mitglieder, die sich über Misserfolge ärgern und dadurch über Erfolge umso mehr freuen können. Mitglieder, die immer kommen, nicht nur, wenn die Sonne scheint.

Und dieses Gefühl wird von dem Team um Andy Marek bei allen Begegnungen vermittelt. Für mich ist er mit seinem Team der Langzeitmotor des Zuschauerzuspruchs und der Clou ist, dass bei Rapid Erfolg und Zuschauerzuspruch weitgehend entkoppelt sind.


Ein schönes Weihnachtsfest wünscht allen Lesern des Rapid-Tagebuchs

der „Klub der Freunde des S.C. Rapid“

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2 Antworten zu “Der Rapid-Turbo”

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