Glasgow

Das Wichtigste an den Auswärtsfahrten ist natürlich das Spiel selbst, „Rapid auf der Insel“, aber die wichtigste Nebenrolle ist auch das fremde Land. Was, von dem, das wir gesehen haben, ist typisch englisch, was typisch schottisch und was ist eine Eigenheit von Glasgow? Man muss schon viel herumkommen, um das alles unterscheiden zu können. Wir sind auf dem besten Weg, das durch die Reisen mit Rapid vermittelt zu bekommen.

Glasgow

Glasgow ist die größte Stadt in Schottland, Regierungssitz ist aber das etwas kleinere Edinburgh im Osten. Wie alle europäischen Metropolen wuchs Glasgow vor allem im 19. Jahrhundert durch Zuwanderung aus den ländlichen Gebieten, aber auch während der Hungersnöte aus Irland aber auch aus Indien. Der Motor dieser Zuwanderung waren die Verdienstmöglichkeiten in den damals 40 Werften am Fluss Clyde. Glasgow zählt heute 600.000 Einwohner, aber wie bei allen Städten hängt diese Zahl von der Grenzziehung ab. Wählt man als Zählgrenze etwa die Gegend bis zur Entfernung des Flughafens, hat dieses Einzugsgebiet ca. 2,8 Millionen Einwohner und das ist mehr als ein Drittel der Bewohner von Schottland. Gemeinsam mit dem Ballungsraum Edinburgh im Osten beheimatet diese Region 4/5 der Einwohner Schottlands (ca. 5,3 Millionen). Glasgow wird von Fluss Clyde von Ost nach West durchflossen. Der Fluss mündet in den Firth of Clyde am nördlichen Ende von Irland in den Atlantik. Der Westen der Stadt ist eine reiche, von Protestanten bewohnte Gegend, während der Osten eine Region der katholischen irischen Einwanderer ist. Dieser Gegensatz spiegelt sich auch in der Tradition der beiden Fußballklubs, denn die Rangers sind der Verein dessen Spieler bis 1989 ausschließlich der protestantischen Religion angehörten, während die Celtic-Spieler ausschließlich Katholiken waren. Seither hat sich diese strikte Auswahl der Spieler gelockert, spielt aber immer noch eine Rolle. Zwar wurde im Vorfeld unserer Reise Rapid mit den Rangers verglichen – wohl wegen des „Rekordmeisters“ – doch scheint mir Rapid als Arbeiterverein eine größere ideologische Nähe zu Celtic zu haben.  Die Paarungen Rapid-Rangers und RB-Celtic bedeuten eigentlich „Kapital“-„Arbeit“. Er war jedenfalls schön zu sehen, dass Rapid als durchaus ernst zu nehmender Gegner wahrgenommen wurde. Das Stadion war voll besetzt und eine fast wohltuende Welle der Aggression hat sich gegen den grün-weißen Gegner (das auch noch, dieselbe Farben wie die von Celtic) entladen.

Wohlstand

Das Preisniveau liegt in Großbritannien um 22 % über dem EU-Schnitt (Österreich 7 %). (Vergleichende Preisniveaus 2014, Spiegel). Das Bruttomonatseinkommen liegt in Großbritannien bei 2.990,- Euro (Österreich 3.300,- Euro). (Länderdaten.info) Aus dem Vergleich der beiden Zahlen sieht man, dass Engländer teurer leben. Das ist auch am Big-Mäc-Index ablesbar. Ein Big-Mäc kostete im Jänner 2016 in England 4,22 $ und in Österreich 3,76 $ (das aber bei einem höheren Einkommen in Österreich). Was aber noch zu beachten ist, wie sich diese Einkommen, gemessen am Gini-Index verteilen. Dieser Index ist in Großbritannien 36 % (Österreich 26 %). Je höher dieser Index, desto größer die Ungleichverteilung des Einkommen zwischen Arm und Reich. (Einkommensverteilung Wikipedia) Dieser Vergleich könnte auch die auffällige Zahl von Obdachlosen erklären, die man im Stadtzentrum von Glasgow sehen kann.

Baustoff

Das Zentrum von Glasgow besteht aus Sandstein. Ja nach Herkunft gibt es roten oder grauen Sandstein. Hier ein Bild von einem kleinen historischen Gebäude in rotem Sandstein. Ein Caffè Nero ist in diesem historischen Gebäude untergebracht. Caffè Nero ist der Platzhirsch in Glasgow. Segafredo und Illy gibt es hier nicht. Beide Steine, roter und grauer Sandstein haben die Eigenschaft, dass man sie – wie wir vom Stephansdom wissen – von Zeit zu Zeit putzen oder gar erneuern muss. Nicht jedes Bauwerk hat aber diese Popularität und daher machen die schönen Fassaden des 19. Jahrhunderts manchmal einen gealterten Eindruck. In der Peripherie, speziell im ärmeren Osten, dominiert der Ziegel. Die aus England bekannten Reihenhaus-Siedlungen konnten wir bei unserer Rundfahrt nicht beobachten.

Bauordnung

Eine Altstadt im Sinne verwinkelter mittelalterlicher Gassen gibt es in Glasgow nicht. Die Straßenzüge sind streng regelmäßig angeordnet. Es ist eine jüngere Ansiedlung, deren Kern hauptsächlich im 19. Jahrhundert im viktorianischen Zeitalter entstanden ist. Um einen Eindruck von der Stadt zu bekommen, ist es am einfachsten, sich mit Google Street-View durch die Fußgängerzone zu bewegen. Start in der Fußgängerzone. Bahnlinien durchziehen die Stadt. Warum aber die Häuser sich fugenlos bis an die Schienenstränge heran schieben, ist rätselhaft und bei uns in dieser Form unbekannt. An dieser Stelle sieht man, dass hier eine Bahn fährt, aber die Häuser beiderseits der Straße schieben sich nahtlos bis an die Bahn heran. In den umgrenzenden Straßenzügen ist nichts von einer Bahnlinie zu sehen, alles mit Gebäuden zugebaut. Wenn am Bahngelände Hilfe benötigt wird, kann man die Gleise nur mit einem Zug erreichen nicht aber von der Straße. Auch unser Hotel, das motel one, macht von dieser Bauweise keine Ausnahme und nutzt jeden Quadratmeter bis zur Bahnlinie.

Spekulationsobjekte

Auffällig sind die zahlreichen ungenutzten, vor sich hin alternden Häuser, die sich kontrastierend von den intakten Gebäuden abheben. Hier vier Gebäude in Steinwurfweite von unserem Hotel, und dieses befand sich unmittelbar am Hauptbahnhof: Diese Gebäude erinnern an gewinnbringenden Abriss von Gründerzeithäusern in Wien. Möglicherweise sind diese Ruinen Spekulationsobekte, deren Eigentümer auf einen reichen Käufer wartet. Vermutlich schützt auch hier die Kommune dieser Häuser durch Denkmalschutzauflagen vor dem Abriss, um das Stadtbild in der derzeitigen historisierenden Form zu erhalten. Die Stadt ist sauber und man kehrt hier nicht, sondern man saugt:

Bauweise

Unsere bisherigen Fahrten auf die Insel führten uns nach England, Schottland war eine Premiere. England kennen wir als ein Land der praktischen „Außenverkabelung“. Schaut ein bisschen so aus wie in Bukarest. Glasgow ist anders! Keine Kabel an den Außenmauern von Gebäuden! Früher dürften die Straßenlaternen – wie bei uns in Wien – von den Häusern abgehängt worden sein, wie man am folgenden Bild sieht,… …aber das ist vorbei, denn heute sind die Leuchten entweder auf selbständigen Säulen oder an den Hausmauern befestigt. Und das ist sehr vorteilhaft, denn man braucht das Licht am Gehsteig und nicht in der Straßenmitte! Es gibt keine Tragseile, die Straßen überspannen! Das wäre doch einen Versuch in Wien wert!

Wandmalereien

Es gibt immer wieder Stellen im Stadtbild, an denen Häuser abgerissen worden sind   und man daher auf eine triste Feuermauer schauen müsste. In Glasgow hat man aus der Not eine Tugend gemacht und sehr viele dieser Flächen attraktiv gestaltet. Hier ein Beispiel dafür… …und es gibt sehr viele davon, besonders in der Peripherie.

Phantasievolle Gestaltung

Eine Toilettenanlage ist nicht unbedingt ein Blickfang, außer man macht einen daraus: Die Anlage selbst ist ein unansehnlicher Betonklotz, wurde aber kunstvoll in schmiedeeiserne Ornamentik eingepackt. Nachahmenswert!

Phantasievolle Werbung

Das folgende Erinnerungsfoto mit Arnold und Florian stammt aus der mondänen Fußgängerzone. Aber eigentlich geht es um den dahinter liegenden Apple Shop in einem viktorianischen Gebäude. Ein Mann mit einem Schild in der Hand bietet vor dem Apple-Shop „Cheaper Apple Repairs“ um die Ecke an. Sooo muss Werbung!

Verkehr

Als Mitteleuropäer und England-Fahrer schien es uns angebracht, auch in Schottland bei einer roten Fußgängerampel stehen zu bleiben und auf Grün zu warten. Das taten wir aber nur zwei Ampeln lang, danach übernahmen wir die Gepflogenheit der Einheimischen, einfach auch bei Rot zu gehen, wenn es der Verkehr zulässt. Zwar gibt es auch Ampeln, die den Fußgängern die ganze Kreuzung freigeben, aber wir hatten den Eindruck, als wären die Grün-Phasen für Fußgänger so unpraktisch geschaltet, sodass man sich über die Signale hinwegsetzt. Sehr gemütlich!

Berühmte Schotten

…werden an ihren Wirkungsstätten durch eine blaue Plakette verewigt, so wie im Bildbeispiel Stan Laurel, ganz ähnlich wie das auch in Wien bei historischen Bauwerken der Stadt der Fall ist. Ganz berühmte, bekommen ein Denkmal, wie zum Beispiel James Watt, dessen Name jedes Elektrogerät ziert. Eigentlich verbindet man mit ihm die Erfindung der Dampfmaschine, wie uns aber unsere Führerin erklärt hat, war seine Erfindung eine Weiterentwicklung der Dampfmaschine, die zu einer höheren Effizienz beitrug.

Verpflegung

Der englische/schottische Würstelstand dürfte ein Fish&Chips-Kiosk sein und daher besuchten wir einen unter der Eisenbahnbrücke hinter unserem Hotel. Wir wählten diesen, weil man dort auch Sitzgelegenheiten hatte. Getränke gab es nur alkoholfrei, und das dürfte eine Frage der Konzession sein. Will man ein Bier trinken, besucht man eines der prächtigen Pubs, so wie dieses hier:

340,000.000

Was wäre eine Schottlandfahrt ohne den Besuch einer Whisky-Brennerei! Also machten wir uns auf den Weg in den Westen der Stadt, wo in einem alten Pumphaus eine solche Brennerei gerade im Aufbau begriffen war. Seit einem Jahr wird dort gebrannt aber nicht verkauft, denn erst nach einer Lagerzeit von drei Jahren darf Whisky auch verkauft werden. Das hindert das Unternehmen aber nicht, Touristen die Whisky-Erzeugung durch interessante Führungen näher zu bringen. Leider sind unsere Englisch-Kenntnisse zu mangelhaft, um alles verstanden zu haben aber wenigstens den Qualitätsunterschied zwischen einem Blended Whisky (Verschnitt mit gleichbleibendem Geschmack) und Single Malt Whisky (vorzugsweise aus einer Brennerei) glauben wir, verstanden zu haben. 340,000.000 Liter Whisky pro Jahr stellen die 111 schottischen Whiskybrennereien her, davon entfallen 10% auf Single Malt Whisky (reine Gerste als Ausgangsprodukt und nur aus einer Brennerei), der aber durch seinen höheren Preis 20% des Umsatzes ausmacht. Die restlichen 90% sind Blended Whisky, und das klingt besser als Verschnitt, ist aber genau das. Einerseits sind diese Sorten nur teilweise aus Gerste, oft auch aus Weizen oder Roggen und außerdem werden Produkte vieler Brennereien zu einem Blended Whisky gemischt, und auf eine immer gleichbleibenden Geschmack eingestellt, was bei den Single Malts nicht der Fall ist. Solche Produkte werden – ganz ähnlich wie beim Wein – mit dem Jahrgang versehen, oft sogar jede Flasche mit einer fortlaufenden Nummer.

Links

Alle Berichte


2 Antworten zu “Glasgow”

Schreibe einen Kommentar