Nach dem Famagusta-Debakel

Zwei Stellungnahmen in ATV von Helge Payer beim Gespräch mit Volker Pieszek, die zeigen, wie wenig Konkretes auch die Spieler selbst und mit ihnen wahrscheinlich auch die Trainer über das Spiel wissen: Auf die Frage, warum der Sturm so wenig ins Spiel findet, sagt er nur: „Schwer zu sagen!“ und auf die Frage, warum Steffen Hofmann so wenig in Erscheinung tritt, antwortet er gleich gar nicht direkt sondern erzählt ganz etwas anderes.

Ich glaube nicht, dass Spieler von einem Tag auf den anderen das Fußballspiel verlernen. Die unsichtbare Instanz „Mannschaft“ folgt einer Psychologie, die stärker ist als eine Tagesverfassung einzelner Spieler. Die Frage ist nur: Wie denkt die Mannschaft? Was ist ihre Einstellung? Wie bringt man die Mannschaft dazu, einen Gegner ernst zu nehmen? Einfach indem man es sagt? Sicher nicht!

Die Spielweise von RAPID während der ersten Minuten war so überlegen, dass ich mich einfach nur zurücklehnte und auf das erste Tor wartete. Ich war beruhigt, wie gut RAPID aufspielt. Der Sager vom Kantersieg war zwar überheblich schien aber gar nicht so abwegig.

Vermutlich ging es der Mannschaft ganz ähnlich.

Wenn das eine geplante Taktik des Famagusta-Trainers war, dann Hut ab. Den Gegner zuerst in Sicherheit wiegen und ihn dann überrumpeln. Dagegen spricht aber die Zufälligkeit des ersten Tores, das ja keineswegs eine geplante Meisterleistung war aber auch keine totale Fehlleistung der Abwehr, weil der Ball in dieser Situation ganz besonders den Zufälligkeiten des Abprallens gefolgt ist.

Diese Szene war der Knackpunkt. Ganz ähnlich wie im ersten Spiel gegen Sturm.

Der Wandel vollzieht sich im Kopf der Mannschaft, nicht einmal dem der Spieler. Ausgegangen von einem Kantersieg und dann das Gegentor, dann eine Art Zusammenbruch, eine Art Panik. Und wer in Panik ist, der denkt nicht mehr, der vergisst, was er gelernt hat, der macht Fehler, stürmt blind voran, dem kann man auch viel leichter den Ball abjagen, weil eben etwas ganz und gar Unerwartetes eingetreten ist.

Das unterscheidet nun unsere Spieler von qualifizierteren Profis. Diese sind weniger von Stimmungen abhängig und können ihre Leistung auch bei Gegenwind abrufen und nicht nur, wenn eine Welle der Euphorie sie trägt und die Mannschaft positiv motiviert.

Wie viele Interviews mit Spezialisten zeigen, wissen wir viel zu wenig über die Motive der Mannschaft bei einem Spiel und wie man sie gezielt steuert. Mentaltrainer wären gefragt. Nur wer sind die?

Ich fürchte manchmal, das bei RAPID wir das sind, das Publikum. Und wir unterliegen ebenso diesen schwer greifbaren Motivatoren und Demotivatoren des „Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt“. Kaum verloren, neigen wir schon zur Aufgabe und drohen mit Liebesentzug.

Obwohl jeder gesagt hat: „die Zyprioten dürfen nicht unterschätzt werden“, seien wir ehrlich, hat jemand an dem Aufstieg gezweifelt? Wie sonst ist ein Aussage über einen mögliche Kantersieg zu werten? Leider kann man eine solche Einstellung nicht einfach aus dem Kopf bekommen, indem man es nur sagt.

An den (unbegründeten) Hoffnungen und dem Zuwenig an Realismus sind wir gescheitert. Und im Zeitraffer haben wir das in den ersten 30 Spielminuten erfahren. Es sagt sich einfach leichter, man muss ein dummes Tor „wegstecken“, denn leider graviert sich das Tor in den Köpfen ein und ein durchaus offenes und sogar Spiel kippt.

Ein Pass ist eine unbewusste, in Hundertstel Sekunden ablaufende Entscheidung. Ich stelle mir das so vor, dass unter Druck – egal ob durch eine mental falsche Einstellung oder durch einen attackierenden Spieler – die Entscheidung falsch getroffen wird und sogar von Spielern, von denen wir solche Fehlleistungen nicht kennen.

Jeder einzelne unserer Spieler kann sich durchaus mit den Zyprioten messen und daher ist der Grund nicht in individuellen Fähigkeiten zu suchen sondern dem unsichtbaren Wesen der Mannschaft.

Jetzt haben wir noch dazu den Nachteil, dass die anfängliche Euphorie vor dem ersten Spiel verflogen ist und einer Ernüchterung Platz gemacht hat. Wie man aus dieser Einstellung eine Höchstleistung für das Rückspiel abrufen könnte, ist mir unklar. Ein „Wunder von St. Hannapi“ wäre wieder einmal gefragt.

Wir vier sind jedenfalls mit dabei. Milada, Florian, Franz, Marcel

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