Für Sponsoring

Heute, am 25.10.2008 wurde von den Rapid-Ultras ein Flyer verteilt, der die Werbung im Stadion kritisiert und eine Grenze erreicht sieht.

Ich frage mich, ob Rapid aus einem gegebenen System ausbrechen kann ohne gleichzeitig die Mitglieder zu einem bedeutenden Beitrag aufzufordern, um die Verluste auszugleichen? Bedeutet nicht ein Verzicht auf Sponsorgelder auch einen Abstieg in die Bedeutungslosigkeit?

Das Finanzierungskonzept moderner Fußballklubs ist durch das mediale Umfeld vorgegeben. Sponsorangebote, die man selbst ausschlägt, bekommt der jeweils unmittelbare Konkurrent.

Wir können nicht erwarten, Sponsorgelder zu bekommen, ohne dem Sponsor die Öffentlichkeit zu bieten, die er sich erwartet. Und die besteht eben in der Präsenz im Stadion und damit indirekt auch in den Medien.

Ob diese Präsenz zu groß oder gerade vertretbar ist, ist natürlich von der persönlichen Einstellung abhängig.

Anlässlich des 32. Meistertitels wurde in deutschen Medien das Finanzierungskonzept von Rapid mit den vielen Kleinsponsoren belächelt. Aber dieses Konzept dürfte sich aus der Kleinheit des österreichischen Wirtschaftsraums ergeben. Da in Österreich nur etwa ein Zehntel der Zuschauerzahl der Deutschen Bundesliga erzielbar ist, sind auch die Sponsorgelder entsprechend geringer, daher braucht man mehr davon.

Wenn wir jetzt zu den Großen schauen, die lediglich eine einzige Marke auf den Trikots haben (zum Beispiel AIG oder Gazprom), dann sollten wir uns über unser kleinteiliges Konzept mit der geringeren Anhängigkeit von einem einzelnen Großsponsor eher freuen, denn wenn – so wie jetzt AIG – dieser Sponsor abspringt, kann das auch einen Großverein ganz schön treffen, und die Rezession kommt ja erst.

Die Diskussion erinnert an den Benzinpreis. Der Benzinpreis sind in unserem Fall die Betriebskosten des Vereins, in erster Linie die Personalkosten für die Spieler. Diese Kosten entstehen auf einem Markt. Die Regierung hier und die Vereinsführung da sind in ihrem Bemühen, diese Kosten zu verringern, auf verlorenem Posten. So, wie uns die Regierung nicht versprechen kann, etwas gegen den Benzinpreis zu unternehmen, kann auch die Vereinsführung nicht den Marktpreis unserer Spieler beliebig festlegen. Und diese Abhängigkeit vom Markt zwingt die Vereinsführung auch dessen Regeln zu befolgen.

Rapid hat zusätzlich einen Vorteil aber auch einen Nachteil zu tragen: einerseits ist Rapid eine begehrte Marke, sowohl bei den Spielern als auch bei den Sponsoren, sodass vielleicht junge Spieler nicht nur durch das Geld sondern durch den Namen angezogen werden; anderseits muss aber Rapid einen vergleichsweise großen Aufwand als Großklub bestreiten, braucht daher das Geld nicht nur für die Kampfmannschaft sondern auch für das Drumherum.

Übrigens sind Kirchen praktisch werbefrei (sieht man von der Verpackung des Stephansdoms während der Renovierungsarbeiten ab). Wenn Rapid eine Religion ist und wir das Finanzierungskonzept der Kirche, das uns aus unsäglicher Zeit erhalten geblieben ist (wie auch die in Österreich offenbar unausrottbare Ideologie) übernehmen, dann müssen wir „nur“ erreichen, dass Rapidler Farbe bekennen. Nicht nur in der Diskussion, sondern auch durch Zahlung. Nehmen wir die kolportierte Zahl von 600.000 Rapid-Sympathisanten ernst, dann brauchen wir nur mehr dafür zu sorgen, dass alle diese Sympathisanten ihren Beitrag zu ihrer Religion liefern. Wenn nur jeder Zehnte Mitglied wird und die 100 Euro einzahlt, gibt das ein zusätzliches Jahresbudget von 6.000.000.

Das ist aber natürlich nur eine Milchmädchenrechnung, weil man genau das nicht schafft. Die Kirchen bekommen das Geld auch nicht freiwillig sondern durch Verordnung erreicht.

Ich freue mich daher darüber, dass ich durch meine Anwesenheit im Stadion, durch meine Mitgliedschaft, durch meine Einkäufe ein wenig dazu beitragen kann, dass die Marke Rapid jene Stellung hat, die es der Vereinsführung erlaubt, Geld aus dieser Beliebtheit zu schlagen und populäre und stabile Sponsoren an die Marke Rapid zu binden. Das notwendige Übel der Werbeaufschriften kann man durch die Einsicht abschwächen, dass eine Werbeaufschrift auf einer Leistung der Fans, der Mannschaft, der Vereinsführung beruht. Ein werbefreies Stadion hieße auch, dass es für Sponsoren unattraktiv wäre, zu werben. Rapid, unattraktiv?

Eine aktive Bekämpfung der Werbetätigkeit im Stadion ohne eine brauchbare Finanzierungsalternative sehe ich als riskantes Vorgehen und wünsche es nicht.

Fallweise Hinweise auf die Unantastbarkeit des Namens und den Stadion-Namen sind aber sicher gut, damit die Vereinsführung nicht die Richtung aus den Augen verliert. Aber schon beim Stadionnamen haben wir das Problem mit der Eigentümerschaft. Denn wenn die Gemeinde als Eigentümer draufkommt, dass man aus dem alten Gemäuer durch Umbenennung auch noch Geld herausholen kann, dann wird wohl nur ein Sternmarsch der Rapidler zum Rathaus als letzter Widerstand übrig bleiben.

Noch ein Nachtrag zum Flyer:

Wenn die Überschrift „Wehret den Anfängen“ nur gewählt worden ist, um Aufmerksamkeit zu erregen, gut.

Was mir aber mehr Sorge macht, ist, dass sich ehrliche Anhängerschaft zur Idee RAPID mit einer weniger ehrenhaften Anhängerschaft zu längst vergangen geglaubten Idealen vermengt, und das gerade an einem Ort, wo das nicht erwünscht ist: im Stadion.

Man kann den Titel des Flugblatts daher auch in diesem Doppelsinn verstehen.

Man fragt sich, warum ein „Negermusik“ verachtender Schiedsrichter gerade ein Spiel pfeift, das sich gegen den Rassismus wendet.

Man fragt sich, warum am Rasen gegen Rassismus agitiert wird und auf den Tribünen eine Ideologie laut wird, die gerade dafür eintritt und das gerade in einem Stadion eines Arbeiterfußballklubs.

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