Bayern-Mainz

2:2 (1:2)

Rapidler sind zwar Optimisten aber die Tabellensituation sagt uns, dass es heuer traurig ausschaut mit Auswärtsfahrten – sofern nicht ein Cupwunder passiert. Was also tun? Beim Merkur einkaufen! Neulich bekam ich einen kleinen Anhang mit der Rechnung und dort stand etwas von Fußballreisen nach München. Tatsächlich wurde ein Ligaspiel gegen Mainz und das Cupspiel gegen Dortmund inklusive Übernachtung und Karten für Selbstfahrer angeboten. Das Cup-Spiel gegen Dortmund war aber zeitgleich mit einem eventuellen Cup-Halbfinale von Rapid, das ging daher nicht. Aber das Spiel gegen Mainz war am Samstag vor unserem Wiener Derby und das war terminlich möglich. Gebucht! Dazu eine zusätzliche Nacht im Ibis-München-City. Hier die Detailplanung für Fahrt mit Railjet.
04-21 08:30 ab Wien Hbf.
04-21 12:37 an München
      13:00 Check-In im Hotel Ibis-City
      14:00 Kartenabholung Marienplatz
      14:30 Sea Live
      15:00 Curry-Wurst
      15:30 Fahrt durch des Olympiapark
      16:00 BMW Welt 
      17:00 Hofbräuhaus
04-22 08:00 Frühstück
      09:40 Stadtrundfahrt Grey Line
      10:40 Stadtspaziergang
      13:00 Sandwich+Bier im Ibis-Hotel
      13:30 Abfahrt S3, U6
      13:30 Bayern München-Mainz 2:2 (1:2)
      18:00 Mac im Bahnhof
      20:00 Zirkus Krone, Comedy Enissa Amani
04-23 08:00 Frühstück
04-23 09:28 ab München
      13:30 an Wien Hbf.
      14:00 zu Hause
      14:30 ab Wien Hbf.
      15:00 an Hütteldorf
      16:30 Rapid-Austria
Sollten wir also heuer mit Rapid nirgendwo mehr hinfahren können, haben wir unsere VIP-Reise schon absolviert, mit einigen interessanten Beobachtungen.

München – Wien

Es sind fast Schwersterstädte, jeweils Hauptstadt eines etwa ähnlich großen Landes. Ähnliche Größe sowohl nach Fläche als auch nach Bevölkerung. Dennoch gibt es städtebauliche Unterschiede, die vor allem durch die Topografie bedingt sind. In Wien sind die verbauten Gebiete aufgrund des bergigen Umfeldes stärker konzentriert, während sich die Stadt München großzügiger im flachen Land ausbreiten kann. Wir wohnen in der nach dem Architekten der Innenstadt, dem Herrn Sicardsburg, benannten Gasse. Er hätte sich die „Münchner Lösung“ anschauen sollen. Auch dort ist die alte Stadtmauer geschleift worden, aber es ist dennoch sehr gut gelungen, alte Stadttore zu erhalten, wodurch der Besucher einen guten Eindruck von der mittelalterlichen Anlage hat, während in Wien alle Stadtmauern und Raveline vollständig zerstört wurden. Das Stadtzentrum in Wien ist ein eher exklusiver Ort, während es in München ein eher eine Einkaufsmeile für alle ist.

Hauptbahnhof

Der Bahnhof vermittelt einen ersten Eindruck von der Stadt. Der Wiener Hauptbahnhof hat 12 Gleise, jener in München 32. Während in Wien die ersten Lokale in den weniger frequentierten Zonen bereits geschossen worden sind, erfreuen sich in München auch Geschäfte in den Seitengängen großer Beliebtheit. Der Münchner Hauptbahnhof ist ein riesiger Verkehrsknoten, der auch symbolisch für den dortigen Wirtschaftraum steht. Diese Wirtschaft ist der Motor für den Lokalmatador Bayern München. An Spieltagen steht die Stadt ganz im Zeichen der Fußballs. Wenn wir uns in Wien Richtung Hütteldorf in Bewegung setzen und wenn wir dabei jemandem begegnen, dann wird unsere Unternehmung etwas belächelt. In Wien zählt man als Anhänger eines Fußballvereins zu einer eher wenig ernst genommenen Minderheit. Manche Presseberichte tun ihr Übriges, um auch eventuelle Interessenten endgültig abzuschrecken. Das ist in Deutschland entschieden anders. Wenn die Bundesliga in einer deutschen Stadt gastiert, herrscht Ausnahmezustand. Egal ob Stadionbesucher oder nicht, die Stadt steht hinter diesem Ereignis. Ein Fußballspiel ist ein wirtschaftliches und gesellschaftliches Highlight, dem Vorrang eingeräumt wird.

Hofbräuhaus

Das Hofbräuhaus nennt sich „das wohl bekannteste Wirtshaus der Welt“. Und wenn man sich nicht in einer Randzeit einfindet, ist die Suche nach einem Sitzplatz schwierig. Das Münchner Bier ist gut, aber es unterscheidet sich nicht besonders von anderen Bieren. Es ist die geniale Art der Vermarktung, die diesen Kundenansturm bewirkt. Biergenuss wird in München wie der Fußball ganz groß geschrieben. Während das Hofbräuhaus aus allen Nähten platzt, findet man im Gasthaus gegenüber, welches ebenfalls hervorragendes Bier ausschenkt, bequem Platz und ziemlich gleichwertige Kulinarik. Es ist nicht das Produkt, es ist seine Vermarktung, die den Unterschied ausmacht.
Eine Kuriosität im Hofbräuhaus sind die mit Schlössen abgesicherten persönlichen Bierkrüge.

Allianz Arena

Die wirtschaftliche Dominanz des Fußballvereins Bayern München hat seinen Stadtrivalen 1860 in die wirtschaftliche und sportliche Bedeutungslosigkeit verdrängt. Aber auch im Vergleich mit den anderen deutschen Vereinen spielt München in einer eigenen Liga. Ein Vergleich zwischen Rapid und Bayern München ergibt ziemliche Unterschiede auf allen Fronten. Aber als Gast unter diesen 75.000 Zuschauern kommt man nicht um Vergleiche herum. In der Allianz-Arena sind fast vier Mal so viele Zuschauer wie in Hütteldorf. Es ist aber nicht einfach alles vier Mal so groß. Die Fanblöcke erscheinen nur etwa gleich groß. Der VIP-Bereich ist etwa doppelt so groß und zwar in erster Linie die Zahl der Sky-Boxen. Der Unterschied besteht im Wesentlichen in der riesigen Menge an Eventpublikum. Und diese große Anzahl von Besuchern relativiert alles. Die Bedeutung der Fankurve ist bei den Bayern viel geringer. Und auch die Fadesse des VIP-Bereichs fällt in München nicht so ins Gewicht. Wenn also der Fanblock bei Rapid auffällig viel Gewicht hat, dann liegt das an den Relationen der verschiedenen Stadionbereiche. Verglichen mit der Allianz Arena hat das Allianz Stadion einen riesigen Fanblock und auch einen riesigen VIP-Bereich. Unser Block-West kann sich mit den Darbietungen der bayrischen Fanszene durchaus messen und schneidet in praktisch allen Belangen besser ab. Wenn man allein die Begrüßung der Mannschaft vor einem Spiel vergleicht, ist das in München eine eher matte Angelegenheit. Außer den in Deutschland üblichen Fahnenschwingern gibt es keine nennenswerte Choreografie. Die Anteilnahme der Zuschauer in unserem Sitzbereich war ernüchternd gering bis nicht vorhanden.

Stadionsprecher

Als ich vor 50 Jahren erstmals nach München kam, erstaunte mich, dass es vereinzelt Menschen gab, die nicht bairisch also „Norddeutsch“ gesprochen haben; in Wien war das damals eher unbekannt. Heute hatte ich den Eindruck als hätte sich dieses Verhältnis umgedreht; man hört vereinzelt bairische Mundart. Dass man sich in München keinen Stadionsprecher mit ortsüblichem Idiom leistet, finde ich sehr betrüblich. Der dortige Sprecher ähnelt jenem in Salzburg. Ziemlich unpersönlich, ohne besonderen Bezug zum Fan, reines Marketing-Deutsch; eine Art „Markt-Schreier“ wie da einmal Alfred Körner von Andy Marek behautet hat. Alfred kannte aber die deutschen Stadionsprecher nicht, denn dann wüsste er, was wir an diesem Andy Marek haben. Es werden lustlos ein paar Bayern-München-Hymnen „…Stern des Südens…“ abgespielt. Mitsingen tut niemand.

Fanblock Mainz

Dem jeweiligen Auswärtsteam stehen 10% der Sitzplätze zur Verfügung. Das wären in München 7.500. Aber so viel Mainz-Fans waren nicht mitgereist. Vielleich hat man 1.000-2.000 Mainz-Fans gesehen. Bei einem Spiel gegen Dortmund wird wohl die Aufteilung eine andere sein. Jedenfalls dürfte es in München so sein, dass man die Größe des Auswärts-Blocks der Anzahl der angeforderten Plätze anpasst. Es wird wohl in München wegen der drei Ränge einfacher sein. Von dieser Vorgangsweise könnte man sich bei Rapid etwas abschauen. Da nur eine der Gastmannschaften (Sturm) den kompletten Auswärtsblock füllt, wäre eine flexiblere Handhabung dieser Zone wünschenswert.

An- und Abreise

Die Verbindung mit der U6 nach Fröttmaning ist perfekt. Das Verhalten der Fans ist sehr diszipliniert. Wir kennen ja die Staus nach einem Heimspiel vor dem Bahnhofsgebäude in Hütteldorf. Das gibt es in München nicht. Wir setzten uns nach dem Spiel mit dem riesigen Strom der Besucher Richtung U-Bahn in Bewegung. Ohne irgend einen Stau landeten wir am Bahnsteig und die nächste U-Bahn war unsere. Kein Gedränge. Kaum zu glauben.

Marketing

Rapid wird gerne als Marketing-Verein beschrieben. Es würde nicht mehr auf den Fußball geachtet, alles drehe sich nur ums Gelverdienen. Aber das ist alles gar nichts gegen die Marketing-Maschine Bayern-München. Diese Dimension ist für Rapid kein Ziel, weil dazu das Stadion und die Kunden fehlen. Aber dass man die Marke und das Stadion vermarkten muss, ist doch irgendwie die Hausaufgabe der Abteilung Wirtschaft. Dass man immer wieder Vorwürfe darüber hört, dass Rapid sich Zuviel um das Vermarkten kümmere, das zeigt eher von einem nicht vorhandenen Verständnis für Wirtschaft. Allein die Kosten der unglücklichen Entscheidungen des letzten Jahres können einen weniger gut aufgestellten Verein in den finanziellen oder sportlichen Ruin treiben. Nur durch die solide finanzielle Basis kann Rapid das aushalten. Marketing spielt nicht Fußball aber es bringt das für den Fußball erforderliche Geld.

Merchandising

Das Angebot von Fan-Artikeln im Rapid-Fanshop kann sich mit dem Angebot in einem Fanshop der Bayern nicht nur messen; es übertrifft diesen an Kreativität bei Weitem.

Kosten

Unsere Reise war wie eine VIP-Reise von Rapid, auch die Kosten waren etwa in dieser Größenordnung. 580,- € pro Person (200 € Bahn, 220 € Übernachtung + Eintrittskarte, 60 € Zusatznacht, 100 € Kabarett+Sea Live+Stadtrundfahrt).

Keine Karten

Jeder, der ein Produkt verkauft, möchte, dass sein Produkt begehrt ist. Bei Fußball bedeutet das ein immer ausverkauftes Stadion. Das geschieht auch in München nicht von allein. Auch wenn es im allgemeinen Kartenverkauf keine Karten gibt, ist es doch erstaunlich, wie einfach man über Merkur Plätze in der Allianz Arena kaufen kann. Man hat den Eindruck, dass feste Kontingente an Reisebüros verkauft werden, die den Weg in den offenen Kartenverkauf nicht finden. Ein gewisser Teil der Plätze in der Allianz Arena wird daher an Fußballreisende verkauft, indem die Synergie zwischen Reiseveranstalter, Hotellerie und Fußball genutzt wird. Vielleicht wäre es auch für Rapid eine Option, einmal probeweise ein „Fußballwochenende in Wien“ über Reisebüros anzubieten.

Fazit

Wer keinen „reichen Onkel“ hat, muss seine Arbeit populär machen und diese Popularität vermarkten. Alle Fußballvereine ohne „reichen Onkel“ tun das. Wenn sie das nicht tun, fallen sie in die Bedeutungslosigkeit einer Unterliga zurück. (1860 München, Vienna). Vor einem solchen Schicksal sind auch große Namen nicht sicher und wer weiß, was passiert wäre, hätte Rapid die Folgen des letzten Jahres ohne die gleichzeitig stabile finanzielle Situation zu tragen gehabt. So ein Konkurs ist schneller da als man denkt. Und ein großer Verein ist dafür viel anfälliger wie ein kleiner, speziell mit der Schuldenlast eines Stadionneubaus. Welche Dimensionen Vermarktung annimmt, studiert man am besten in München. Egal, ob am Hauptbahnhof, im Hofbräuhaus oder in der Allianz Arena. Die Produkte Reisen, Bier und Fußball sind überall dieselben aber in München wird vorgezeigt, was man alles aus solchen Produkten herausholen kann. Die Zielgruppe ist nicht München oder Bayern sondern die ganze Welt. Hinter Bayern München steht nicht allein ein Block von enthusiastischen 8.000 Ultra-Fans, hinter Bayern München steht eine wirtschaftlich ungemein erfolgreiche Region. Rapid ist bekannt für die Stimmung seiner Fans im Stadion. Bayern ist bekannt für die Vermarktung seines Namens. Nicht, dass Rapid diese Dimensionen von Bayern (260.000 Mitglieder) erreichen könnte, dazu ist der Stellenwert des Fußballs in Österreich zu gering – aber dass es Rapid auf ein Vielfaches seiner derzeit 16.000 Mitglieder bringen könnte, das sollte ein unbedingtes Ziel sein.

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