Karriereplanung, gibts die?

Hätte jemand am 5. Juni 2016 gefragt, wer ein Jahr später Rapid-Trainer sein würde, niemand hätte es erraten. Damals, am 5. Juni war noch nicht einmal bekannt, dass es Zoki definitiv nicht sein würde. Aber auch noch mehrere Monate später, sogar noch in der Winterpause hätte niemand voraussagen können, dass der frühere Trainer de ASK Ebreichsdorf diesen Platz einnehmen würde. Welche dieser letzten vier Trainer-Karrieren war im Sinne einer systematischen Planung voraussagbar? Eine, die von Damir; aber genau diese war ein selten gutes Beispiel wie wenig der Erfolg eines Einzelnen mit dem Erfolg eines Unternehmens zu tun hat.

Erfolgsmenschen im Interview

Neulich war der Tormann von RedBull, Alex Wahlke im Interview, und die Frage war – wie könnte es anders sein – warum RedBull so erfolgreich ist. Und seine Antwort – wie könnte es anders sein – weil man eben besonders fleißig wäre und Extraschichten beim Training eingelegt hätte. Implizit besagt die Antwort, dass eben die Mitbewerber etwas weniger fleißig sind und weniger hart trainieren. Ohne das wirklich zu wissen – aber die Spieler der Mannschaften weiter unten in der Tabelle strengen sich wahrscheinlich viel mehr an. Dieses Interview war nur ein Beispiel aus den letzten Tagen zu „Erfolgs-Interviews“. Zum Beispiel liefern die Sendung „Frühstück bei mir“ von Claudia Stöckl oder die Sendung „Seitenblicke“ beliebig viele Beispiele in dieser Richtung. Alle wollen wissen, wie es die Erfolgreichen geschafft haben, dorthin zu kommen, wo sie jetzt stehen.

Erfolg des Teams oder Erfolg des Einzelnen?

Der Erfolg des Teams färbt auf jeden Einzelnen ab und der Einzelne kann leicht auf die Idee kommen, seine eigene Anstrengung wäre die Ursache für den Erfolg. Das glaubt auch unser Teamchef Marcel Koller, der unbeirrt daran festhält, dass Stefan Stangl (der in der abgelaufenen Saison in sechs (!) Bundesliga-Spielen aufgelaufen ist), im Teamkader zu stehen hat. Und Stefan Stangl ist da kein Einzelfall, es gibt noch viele andere Beispiele seiner gleich gelagerten Einschätzungen. Der Markt sieht das ein bisschen anders, denn schauen wir einmal auf den Marktwertverlauf von Stefan Stangl (Grafik entnommen aus der Seite Transfermarkt): Man sieht, wer hier den Marktwert steigert: das ist die Talenteplattform des SK Rapid. Danach geht es bergab. Nicht immer aber sehr oft. Man kann diesen Marktwertverlauf leider auch bei Florian Kainz verfolgen. Aber das war nur eine Randbemerkung. Was gezeigt werden sollte, dass wir uns über die Leistung eines Einzelnen durch den Erfolg des Teams, dem er angehört täuschen lassen. Aber es geht auch umgekehrt: Man muss nur das gestrige Spiel gegen St. Pölten und die dazugehörigen Kommentare im Publikum über die Leistung einzelner Rapid-Spieler Revue passieren lassen. Würden diese Kommentare auf die Leistung des Teams zutreffen, könnten wir überhaupt nie gewinnen. Aber das Leistungsmaß des Teams ist nicht das des Einzelnen. Ein gutes Kollektiv verkraftet durchaus einzelne Ausrutscher.

Karriereplanung

Man braucht nur das Wort „Karrierplanung“ in Google eingeben und bekommt jede Menge kostenloser und kostenpflichtiger Tipps, wie man die eigene Karriere richtig plant. Allen diesen Tipps ist gemeinsam, dass suggeriert wird, man könne Karriere planen. Wenn man dieses oder jedes Rezept befolgt, würde der Erfolg nicht ausbleiben. Ich glaube das nicht! Es geht bei diesen erstrebenswerten Jobs nicht um Deinen oder meinen. Die meisten von uns sind eingebettet in einen Massenjob der uns oft ein Leben lang begleitet. Es geht hier um besondere Jobs, wie zum Beispiel um den Trainerposten bei Rapid. Wir haben mit den letzen vier Trainern Zoki, Mike, Damir und Gogo gleich vier verschiedene „Erfolgsmodelle“ kennengelernt, die den Karriereplanungs-Tipps alle widersprechen. Zoki war ein Aufsteiger aus dem eigenen Haus; eine praktische Lösung solange der Verein kein Geld hatte aber kaum konnte man sich etwas „rühren“, hatte ein solcher Trainer ohne Titel keinen guten Stand – wie wir gesehen haben. Zokis Qualitäten beim Umgang mit der Mannschaft wurden nicht verstanden. Sein Abgang hat den Beigeschmack von Undankbarkeit. Aber man soll nicht sagen, der Verein wäre nicht lernfähig. Ein Jahr später besann man sich dieser Fehler und entschied sich ganz anders als ein Jahr vorher. Mike bekam einen Job, weil er jemanden gekannt hat, der ihm den Job vermittelt hat. (Die späteren Lösungen Damir, oder die Lösung Gogo oder auch jede andere zeigen, dass die Aussage „alternativlos“ ziemlich sonderbar war.) Dieser Vorgang war ein in Österreich nicht seltener Karrieresprung – durch Bekanntschaft. Mike hätte sich durchaus behaupten können, war aber so wenig mit der österreichischen Seele im Allgemeinen und mit der grün-weißen im Besonderen vertraut, dass es nicht weiter verwunderlich ist, dass er gescheitert ist. Damir war der Karrierist wie sich ihn Karriereplaner vorstellen. Er hat beim Hearing überzeugt, es bewährte sich vor einem Gremium, das die Management-Ausdrucksformen kennt und sie in Damirs Präsentation wiedererkannt hat. Aber auch Damir – und wir mit ihm – tappte in die Falle wie auch Marcel Koller, denn er verwechselte seinen persönlichen momentanen Erfolg mit Altach, der durchaus durch Zufälligkeiten oder auch durch Leistungen der anderen Teammitglieder zustande gekommen sein kann, mit der eigenen Leistung. Für diese Interpretation spricht das ziemlich unflexible Festhalten an einem vermeintlich sieg-bringenden System. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass Damir aus persönlicher Sicht die Rezepturen der Karriereplanung richtig angewendet hat und damit einen tollen Posten erreicht hat. Aber uns, als Rapid, geht es natürlich nicht um persönliche Erfolge sondern immer nur um den Erfolg der Mannschaft. Gogo hingegen ist einer von uns; einer aus der großen Masse jener Menschen, die – genau so wie Alex Wahlke von sich gesagt hat – durchaus auch fleißig sind und die – wenn nötig – die eine oder andere Nachtschicht einlegen; Menschen aber – ebenso wie Gogo – im Normalfall nicht für einen Trainerposten bei Rapid angedacht werden. Es gibt eine interessante Anekdote über Herbert Grönemeyer, die eine wichtige Eigenschaft des nicht planbaren Erfolgs zeigt. Es gibt für alle möglichen Gesangswettbewerbe Vorausscheidungen, in denen „Fachleute“ eine Vorselektion vornehmen. Eine(r) dieser Juroren hat die Schwierigkeit solcher Hearings aufgezeigt. Er meinte, hätte Herbert Grönemeyer versucht, über eine solche Vorentscheidung in das Finale „Deutschland sucht den Superstar“ zu kommen, er wäre mit großer Sicherheit nicht nominiert worden, weil er so ziemlich keines der Kriterien erfüllt, nach denen eine solche Fachjury wertet. Auch ein Gremium wie das Präsidium eines Fußballvereins, bewertet bei der Trainerauswahl Dinge, die möglicherweise im Tagesgeschäft einer Trainers viel weniger Rolle spielen als man das überhaupt ahnt. Hätte es damals im Mai 2016 so etwas wie eine Trainerausscheidung gegeben und hätte sich dazu auch Gogo beworben: Hätte er damals eine Chance gehabt? Sicher nicht! Und wir haben es dem außergewöhnlichen Fingerspitzengefühl unseres neuen Sportdirektors Fredy Bickel zu verdanken, dass er sich nicht dazu hat hinreißen lassen, „Geld in die Hand zu nehmen“. Man misst leider einen Sportdirektor daran, welche Geldmengen er in fußballerische Qualität verwandelt. Diesem Handlungsdruck ist seinerzeit Andy Müller unterlegen und daran ist er schließlich gescheitert. Und vielleicht haben wir es sogar einem Zustand der leeren Kassen zu verdanken, dass man nicht so wie im Vorjahr agieren kann. Wenn Gogo in der kommenden Saison auch nur einigermaßen erfolgreich ist – was wir uns natürlich alle für ihn und für uns wünschen – und wird er einmal gefragt werden, was er zu seinem Erfolg beigetragen hat, wird er vielleicht – ähnlich wie Alex Wahlke – sagen, dass er ein gewissenhafter Arbeiter sei, dass er sich mit den Spielern gut versteht und hart arbeitet. Alles das stimmt aber das trifft wohl für die meisten guten Trainer zu. Aber dort hin zu gelangen, wo es eine gute Bezahlung gibt, Anerkennung für sein Tun und auch Erfolg fürs Ganze, das ist reiner Zufall und nicht Kalkül – wie wir aus den Ereignissen des letzten Jahres gelernt haben sollten. Und was wir allein hoffen können, dass es der Zufall ausnahmsweise gut mit uns gemeint hat und dass Gogo die berühmte Ausnahme von der folgenden Regel ist: „In Österreich wird jeder das, was er nicht ist.“ (Gustav Mahler)

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Eine Antwort zu “Karriereplanung, gibts die?”

  1. Eigentlich sollte dieser Rückblick zeigen, dass man Karriere und auch Erfolg nicht planen kann.

    Wir müssen unterscheiden zwischen persönlichem Erfolg und Erfolg der Sache, für die jemand steht.

    Der einziger der vier Trainer, der „nach dem Lehrbuch“ seine Karriere geplant hat, war Canadi und er hatte insofern Erfolg als er das zugehörige Hearing offenbar bravourös bestanden hat. Er war erfolgreich aber nicht in dem Sinn, wie wir uns das vorstellen. Unser Ziel und unsere Erfolgsplanung war, dass er uns in der Liga nach oben bringen sollte aber dabei hat er fürchterlich versagt.

    Aus unserer eigenen Sicht waren wir bei der Erfolgsplanung mehr Passagier denn Kapitän. Die Entscheidungen, die zu Erfolg hätten führen sollen, waren alle falsch (Büskens, Canadi). Und die Entscheidungen, die einigermaßen stimmig waren, waren eigentlich keine, sie waren der zufälligen Situation zu verdanken (Zoki, Gogo).

    Wenn es einen Spieler wie Wahlke nach Salzburg verschlägt, hat er das Glück, dass er in ein Spitzenteam hineingeworfen wurde, ganz ähnlich wie Alaba zu Bayernt. Na, und schau Dir den David an, wenn er im Nationalteam spielt. Ganz so deutlich ist die spielerische Überlegenheit auch wieder nicht zu sehen.

    Wahlkes Aussage zu bestätigen bedeutet, dass Rapid einfach weniger trainiert und deshalb in der Tabelle so weit unten ist. Glaubt das wer?

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