Rapid-Sturm

1:0 (1:0)

Nach dem „Gesetz der Serie„*) wäre ein Sieg am Programm gestanden. Und so war es auch. Es wurde ein Sieg (ein Arbeitssieg, wie viele meinen); nach dem Spiel in der ersten Halbzeit ein verdienter, nach der zweiten eher ein glücklicher. Die Spielzüge in der ersten Halbzeit waren sehenswert und machten Hoffnung. Die Freude nach dem schönen Tor von Tamás Szántó war entsprechend groß: Wo sind aber die Zeiten, dass es eine Tugend von Rapid war, in der zweiten Halbzeit nachzulegen? Gut, man kann sagen, dass dieser Sieg so extrem wichtig war, dass das Ergebnis mehr zählt als ein schönes Spiel. Fast wäre uns ja dann in der zweiten Halbzeit sogar das 2:0 gelungen aber die Latte hat das zu verhindern gewusst. Während unser Gegner drei taktische Wechsel ausführen konnte, setzte sich bei Rapid das Verletzungspech fort. Gleich drei Ausfälle – Kvilitaia, Szántó, Schaub – mussten verkraftet werden, wobei Kvilitaia bis Mitte Juli ausfallen wird. Damit im Zusammenhang steht, dass Steffen Hofmann nicht zum Einsatz kam und auf seinen Einsatz für einen neuen Vereinsrekord in den verbleibenden drei Spielen hoffen muss.

Aufwärmen

Choreografie

Die Choreografie zeigte den Schriftzug „Ultras 1988“ und den Untertitel „…solange noch ein Tropfen Blut durch unsere Adern zieht“. Der Sturm-Bock textete „Sportklub Sturm Graz“, goldene Schrift auf schwarz-weißem Grund, eingerahmt von weißen (oben) und schwarzen (unten) Luftballons. Geschafft, Abstiegsgefahr endgültig gebannt! Das alles hätten wir billiger, viel billiger haben können. Ein bisschen ist die Situation wie seinerzeit, als Zoki als kurzzeitiger Interimstrainer nach dem Abgang von Peter Pacult erste Bundesligaerfahrung sammeln konnte. Da sich aber der neue Cheftrainer Peter Schöttel nicht bewährt hat, kam dann doch wieder Zoki zum Zug – und gut wars. Aber eigentlich wollen wir gar nicht, dass sich das wiederholt, es soll doch besser werden, also wünschen wir dem neuen Trainer – wer immer es sein wird – viel Erfolg. Gogo wird uns ja in jedem Fall erhalten bleiben – wie kolportiert wurde.

Was wäre, wenn…

…wir gleich mit Gogo gespielt hätten? Immerhin leitete er seit April bereits 8 Spiele. Nehmen wir an, er hätte diese Ergebnisse über die ganze Saison aufrechterhalten können, hätte wir jetzt 1,67*36 = 49 Punkte und wären auf dem 5. Platz.

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*) Gesetz der Serie

Den Begriff „Gesetz der Serie“ wurde 1919 von Paul Kammerer geprägt, damals aber eher aus den Bereich der Esoterik definiert, dass sich Dinge aus uns unbekannten Ursachen wiederholen. Bei zufälligen Ereignissen gilt nur das Gesetz der großen Zahl, also des Mittelwerts. Aber viele Vorgänge mit durchaus zufälligem Charakter zeigen auffällige Häufungen. In natürlichen zufälligen Ereignisse, wie zum Beispiel dem Wetter, wissen wir, dass das Wetter nicht stündlich oder täglich wechselt sondern die Tendenz hat, längere stabile Perioden zu haben, dass also die Wahrscheinlichkeit, dass eine Wetterlage einige Zeit Bestand hat, größer ist als eine Änderung. Es gibt auch andere Beispiele in der Technik, die trotz aller sonstigen Zufälligkeiten solche Gesetzmäßigkeiten zeigen. Im Fußball ist das nicht unähnlich; wir nennen das gerne einen „Lauf“ – oder dessen Gegenteil, eine Negativspirale. Gerade die abgelaufene Rapid-Saison hat uns gezeigt, dass ein bisschen Pech leicht dazu führen kann, dass Selbstvertrauen abgebaut wird und man sich in einer Negativspirale wiederfindet, und die Ergebnisse dann ebenso den Charakter einer gesetzmäßigen Serie haben. Seit Abgang von Damir Canadi haben die Ergebnisse von Rapid einen neuen Charakter; sie sind „durchwachsen“. Es folgte nach jedem Sieg eine Niederlage und zwar ohne Ausnahme, beginnend beim Cup-Viertelfinal-Spiel gegen St. Pölten:
S N S N S N S N S
und man wäre geneigt anzunehmen, dass sich dieser Trend auch für das heutige Spiel fortsetzt. Und mit diesem Spiel haben wir das bisherige Punktemittel von 1,5 etwas überschritten und sind nunmehr bei 1,67 Punkten pro Spiel und erstmals seit November des Vorjahres ist das Leistungsmittel wieder über die 50% Marke geklettert. Siehe Grafik auf der Seite 123.ewkil.at. Wenn sich die Serie fortsetzt, würden wir das nächste Spiel gegen Mattersburg verlieren. Aber natürlich gehen alle diese Serien wieder zu Ende und das wäre gut, denn was wir brauchen, ist Selbstvertrauen für das Cup-Finale und daher wären noch Punkte in den letzten Spielen wünschenswert, um diesen 6. Platz auch in der Schlusstabelle halten zu können und mit Zuversicht nach Klagenfurt fahren zu können.

TORNADOS Spezial, Ausgabe 39

Die Menge an Rapid-Lesestoff, die Fangruppierungen in Form von Zeitschriften zur Verfügung stellen, ist beachtlich. Die heute erstmals zum Verkauf angebotene Spezialausgabe der Tornados hatte das Schwerpunktthema „Böhmen, Mähren und Rapid“ und übersetzte auf der Titelseite das Motto des Rapideum „Gemeinsam – kämpfen – siegen“ ins Tschechische als společně – bojovat – zvítězit„. Zu dieser Ausgabe habe ich eine besondere Beziehung. Im April traf ich zwei Redakteure der Tornados im Cafe Dresdnerhof und wir plauderten über die Tschechen in Wien und über die Tschechen bei Rapid. Vieles davon wurde in diesem Artikel verwendet. Ich musste mich auf dieses Treffen vorbereiten und habe dazu einiges in einem persönlichen Artikel „Tschechen bei Rapid“ zusammengefasst. Dazu möchte ich einige Ergänzungen anbringen, denn anders als dem drucktechnisch bedingten begrenzten Platzangebot einer Zeitschrift, haben wir hier im Internet Platz genug.

Warum Turnen bei den Tschechen so wichtig ist

Gleich auf Seite 5 im Tornado-Spezial steht, dass die Tschechen eine größere Begeisterung für Sport. besser gesagt Volkssport, haben. Wer das als Wiener liest, könnte vielleicht der Meinung sein, dass das doch nicht sein könne, weil wir ja Rapid und die Donauinsel haben. Es ist aber so, dass es – zumindest bei den Wiener Tschechen – ganz normal war (und ist), einem Turnverein anzugehören; passiv – also nur Mitglied – sowieso, das ist Ehrensache, aber in vielen Fällen durchaus auch aktiv; nicht nur als Leistungssportler sondern – und das ist eben der Unterschied – praktisch alle vom Kleinkind bis zu den Ältesten. Die bekannteste dieser Turnvereine ist der Sokol (Falke). Das sind seit dem 19. Jahrhundert gewachsene Strukturen, die eine starkes Zusammengehörigkeitsgefühl dieser autochtonen Volksgruppe zur Folge haben. Vermutlich stärkten diese Bewegungen in Böhmen das Nationalbewusstsein der Kronländer und halfen dabei, als Volksgruppe in Wien bis heute zu bestehen. Diese Sokol-Turnvereine sind über die ganze Welt verstreut, überall dort, wohin es eben Tschechen verschlagen hat. Und diese Vereine treffen alle vier Jahre zu einem großen Schauturnen zusammen. Hier seht Ihr ein Bild eines dieser Schauturnen im Gerhard-Hanappi-Stadion aus dem Jahr 1983: Wenn man das so sieht, wird man an Aufmärsche des Tausendjährigen Reichs erinnert und so ganz falsch ist das nicht, denn die nationale Ausrichtung ist nicht zu übersehen. Ein Sokol-Turner wird auch – wenn es soweit ist – mit militärisch anmutender Ehrenwache verabschiedet: Diese Uniformen haben aber mit Militär nichts zu tun; es sind Phantasieuniformen, die tschechischen Trachten als Vorbilder haben.

Links zu Sokol

Zeugnis von Walter Zeman

Noch eine Kleinigkeit zu dem auf Seite 9 abgebildeten Zeugnis von Walter Zeman. Das Bemerkenswerte ist, dass es in deutscher Sprache abgefasst ist „Deutsches Reich, Reichsgau Wien“. Bis 1938 und ab 1945 waren diese Zeugnisse der (vor 1938 32) tschechischen Schulen in Wien immer in tschechischer Sprache abgefasst. Hier seht Ihr mein eigenes Zeugnis aus dem Jahr 1958: Das Zeugnis ist vom selben Schulverein „Komenský“ bei dem auch Walter Zeman zur Schule ging. Dieser Johann Amos Comenius („Komenský“) war ein bedeutender Pädagoge im 17. Jahrhundert, der ein gesamtheitliches Lernen vorgeschlagen hat, das in tschechischen Schulen bis heute Bestand hat. Was man in Österreich heute gegen viel Widerstand versucht als „Ganztagssschule“ einzuführen, heißt in Tschechien einfach nur „Schule“ und funktioniert tatsächlich den ganzen Tag, bis eben die Eltern Zeit haben, die Kinder wieder abzuholen. Straßenschuhe gibt es nicht, auch keine Überkleider in den Klassenräumen.  In der Schule ist es wie zu Hause.

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