Österreich-Serbien
3:2 (1:1)
Länderspiele gegen ein Balkanland sind wie Auswärtsspiele, weil alle diese Länder stark national ausgerichtete Communities im Wiener Raum haben. Das war dann auch der Charakter dieses Spiels, das konnte man aber auch schon bei den letzten Spielen gegen Albanien und gegen die Türkei gut beobachten. Es zeigt auch, wie enorm aufnahmefähig der Großraum Wien ist. Serbische Fahnen überall, wenige rot-weiß-rote, wohl auch deshalb, weil man sich die rot-weiß-roten Stiegl-Fahnen beim Eingang mitnehmen hätte müssen und sie nicht – wie bei den anderen Spielen – bereits an den Sitzen im Stadion gesteckt sind. Beachtliche 42.500 Zuschauer fanden sich im Prater ein. Und wäre es noch um etwas gegangen, wäre das Spiel wohl ausverkauft gewesen. Ausgelassen haben die Österreich-Anhänger. Sie mussten sich für die Choreografie in der Mitte der Kurve C/D zusammenstellen, damit die Zettelchoreografie überhaupt ein Bild ergeben konnte.


Wer ist der Gegner?
Serbien ist von der Fläche und Einwohnerzahl sehr gut mit Österreich vergleichbar. Auch die Entstehung des Staates erinnert an die Zeit nach dem Ersten Weltkrieg, als Österreich als Teil eines ursprünglich viel größeren Staatsgebiets sind in einer viel kleineren Version wiederfand. Man hat den Eindruck, als würden die Nachfolgestaaten des früheren Jugoslawien einen Prozess nachholen, den wir schon hinter uns haben. Das Nationalbewusstsein der Serben ist sehr ausgeprägt, was man an der Stimmung im Stadion sehr gut sehen konnte. Ein Faktor in der Motivation der Spieler, der der österreichischen Nationalmannschaft in dieser Intensität abzugehen scheint. Manchmal weiß man ja nicht einmal, gegen wen man da spielt, wenn es gegen Serbien geht, weil die Situation am Balkan alles andere als übersichtlich ist. Zum Beispiel sahen wir das Transparent „Banja Luka“. Aber diese Stadt gehört gar nicht zu jenem Serbien, gegen das wir gespielt haben. Banja Luka ist Teil der „Republika Srpska“ und die ist wieder ein Teil von Bosnien und Herzegovina.

Österreich spielt stark
Besonders in der ersten Halbzeit erspielt sich unser Team Chance um Chance, drückt gerade zu auf das Führungstor – und bekommt durch einen sehr platzierten Schuss – die einzige Chance der Serben bis zu diesem Zeitpunkt – das Gegentor. Fußball, wie er leibt und lebt. Dann aber der Ausgleich, eingeleitet durch einen langen Pass von Kevin Danso auf Guido Burgstaller, der seinen Sprint geschickt mit einem erfolgreichen Abschluss krönt. Nach der Pause geht Österreich in Führung. Sehenswerter Pass von Louis Schaub auf Guido Burgstaller, der auf den frei stehenden Marco Arnautovic verlängert. Leider gleicht Serbien nach einem Corner aus und es schien bei diesem Unentschieden bleiben zu wollen, als wir ein in dieser Form wahrscheinlich nicht geplantes Tor sehen. Louis Schaub spielt den Ball in den Torraum, offenbar damit rechnend, dass der dort stehende Marco Arnautovic dem Ball die endgültige Richtung geben kann. Auch der gegnerische Tormann bereitet sich auf diese Szene von, doch Marco verfehlt den Ball und der Ball fliegt ohne berührt zu werden für den Tormann unerreichbar ins Tor.Leistungsträger lassen aus
Die österreichische Nationalmannschaft spielt nicht nur gegen einen starken Gegner, sondern auch gegen dessen stärkeres Zusammengehörigkeitsgefühl. Dass sich bei den Serben gleich vier Leistungsträger „krankheitsbedingt“ Urlaub nehmen, kann man sich nicht gut vorstellen. Man erinnert sich an die Worte von Pepi Hickersberger, dass nicht die „Besten“ am Platz gestanden sind sondern die „Richtigen“. Was hätte es auch genutzt, einen Marcel Sabitzer aufzustellen, wenn ihn die Nationalmannschaft nicht interessiert wie er uns schon mehrfach gezeigt hat. Wer braucht Sabitzer, wenn wir Marco Arnautovic haben, der einen ganz wesentlichen Anteil am Sieg hatte. Einmal, als er das Tor schoss und das andere Mal als er – glücklicherweise – den Ball verfehlt hat. Und noch interessanter ist, dass Marco serbischer Abstammung ist und ganz ähnlich wie meine Mutter**) nicht so recht weiß, wohin er gehört. Aber als Kosmopolit ist ihm das wahrscheinlich ohnehin egal. Fairerweise hat er sich beim Torjubel zurückgehalten.Abschied von Marcel Koller
Mehrfach wurde während diese Länderspiels daran erinnert, dass es das letzte Heimspiel von Marcel Koller war. „Du hast Erfolge gebracht und Euphorie entfacht. Danke, Marcel Koller!“


Teamchef | Spiele | S | U | N | Punkte |
Hugo Meisl | 132 | 70 | 30 | 32 | 1,8 |
Josef Hickersberger | 56 | 15 | 16 | 25 | 1,1 |
Marcel Koller | 54 | 24 | 12 | 16 | 1,6 |
Herbert Prohaska | 51 | 25 | 9 | 17 | 1,6 |
Leopold Stastny | 49 | 15 | 16 | 18 | 1,2 |
Walter Nausch | 47 | 21 | 10 | 16 | 1,6 |
Karl Decker | 36 | 16 | 3 | 17 | 1,4 |
Hans Krankl | 31 | 10 | 10 | 11 | 1,3 |
Dietmar Constantini | 26 | 7 | 4 | 15 | 1,0 |
Helmut Senekowitsch | 26 | 14 | 4 | 8 | 1,8 |
Marktwerte der Ära Koller
Österreich Serbien 2012 94 Mio 169 Mio 2013 109 Mio 207 Mio 2014 106 Mio 209 Mio 2015 118 Mio 220 Mio 2016 75 Mio 165 MioDiese Relation konnte man aber am Spiel nicht ablesen. Serbien dürfte es besser gelingen, ihre Spieler in den großen Ligen zu platzieren. Es wurde von dem beim Spiel anwesenden José Mourinho denn auch ein Serbe und nicht ein Österreicher beobachtet.
Links
*) Favoriten gilt zwar als Türken-Bezirk aber es gibt auch sehr viele Serben und Kroaten hier. An der Ecke Landgutgasse/Laxenburgerstraße gibt es das „La Koliba“, eines von vielen Treffpunkten der serbischen Community. Es ist ein sehr vitales Zentrum, in dem wöchentlich Feste gefeiert werden, dass sich die Tische biegen, inklusive traditioneller Volksmusik. Sehr gemütlich! **) Dass ich selbst einer Migrantenfamilie entstamme, war mir das ganze Leben nicht wirklich bewusst, weil es nie irgendeinen Anlass gab, das rechtfertigen zu müssen. Erst seit den Auftritten des HC wird mir dieser Umstand so wirklich bewusst, denn ich fühlte und fühle mich durch dessen Aussagen persönlich angegriffen und analysiere daher von Zeit zu Zeit die eigene Familiengeschichte und möchte die verschiedenartigen Bindungen an das Gastland und das Mutterland in meiner Familie schildern: Meine tschechische Großmutter, um 1900 aus Mähren eingewandert, einem starken Assimilationsdruck ausgesetzt, dem sie sich aber durch ein Leben in der damals sehr starken Tschechischen Minderheit entzog, war wie eine heutige Türkin. Kopftuch, kaum Deutsch sprechend, in einer Parallelgesellschaft lebend aber – und das ist ein wesentlicher Unterschied zu heute – begeisterte Österreicherin, weil sie wusste, welches Land ihre Existenz sichert: Österreich. Meine Mutter, in der vergleichsweise liberalen Zwischenkriegszeit sozialisiert, lebte in einer tschechisch-nationalen Scheinwelt, vielleicht so ähnlich wie die heutigen Serben (und Türken), die von etwas träumen, dass es hier weder gibt, noch sich das jemand wünscht, dass es das hier geben soll. Eine Art Zerrissensein und nicht wissen, wohin man gehört. Bei einem Länderspiel gegen die Tschechoslowakei war meine Mutter durchaus im „“wigl wolg“, zu wem die halten sollte. Meine Mutter hatte einen Hang zum Tschechisch-Nationalen, das ich nie verstanden haben.