Waffengleichheit im Fußball

Zusammenfassung

In diesem Beitrag wird verlangt, dass der Fußball wieder zu dem werden soll, zu dem er ursprünglich angetreten ist. er soll die Sehnsucht der Menschen nach Siegen und Titel in einem fairen Wettbewerb erfüllen und nicht die Eitelkeit oder Gewinnsucht Einzelner befriedigen. Es wäre nicht allzu schwer, einen solchen Zustand in Österreich herzustellen.

ManCity-Liverpool 5:0

Als außenstehender Beobachter kann man in England die Brieftasche des Eigentümers als Vergleichsmaß für die Spielstärke heranziehen und sich fragen, ob es die 22 Milliarden von Mansour bin Zayed Al Nahyan (Eigentümer von Manchester City) waren, die heute gegen die mickrigen 1,4 Milliarden von John Henry (Eigentümer von Liverpool) 5:0 gewonnen haben oder ob es ein verständlicher Motivationseinbruch des bereits jetzt feststehenden englischen Meisters war, der für das überraschend deutliche Ergebnis sorgte.

In der englischen Premier League sind alle Clubs im mehr oder weniger Eigentum eines Magnaten, Tycoons, Oligarchen, Scheichs… Liste In dieser Liga haben also alle den „Zaubertrank“. Die Budgets der Vereine können von deren Eigentümer – je nach Finanzbedarf – viel höher sein als es dem üblichen Geschäftsgang von Fußballvereinen entspricht.

Warum tun die das?

Wir kennen diese Typen nicht, wir können nur vermuten. Ein banaler kaufmännischer Grund könnte sein, dass das insgesamt defizitäre Fußballgeschäft den Gewinn im Sinne einer Steuerersparnis verringert. Es kann sein, dass der Verein zum Werbeträger der eigenen Marke wird. Was soll man überhaupt mit so viel Geld tun?

Schließlich sind wir es selbst, die den neuen Eigentümern durch unsere eigene Sucht nach Titel die Tür zur Beherrschung der Vereine öffnen.

Jene Superreichen, die es schaffen, einen Verein ganz nach oben zu pushen, sind Teil eines Sandkastenspiels, dem wir, das zahlende Publikum, wie vom dritten Rang des Kolosseums zuschauen dürfen.

Die Sehnsucht nach einer normalen Fußball-Welt

Der Chancenlosigkeit der meisten europäischen Ligen gegenüber den 4-5 großen macht es verständlich, dass sich Anhänger in den kleinen Ligen nach dem „Football old style“ sehnen.

Österreichische Ungleichheit der besonderen Art

Während man in dem ansonsten sehr geschätzten englischen Fußball von einer Art Waffengleichheit sprechen kann, weil eben alle Vereine über Fremdmittel verfügen, die im Fußballgeschäft allein nicht verdient werden können, herrscht in Österreich zwischen den Vereinen eine Ungleichheit der besonderen Art. Ähnlich sind die Verhältnisse in Frankreich.

In der österreichischen Bundesliga gibt es mit RB einen Verein der Art „koste es was es wolle“, wobei in diesem Zusammenhang „Verein“ wohl nicht die richtige Bezeichnung ist. In einem Bericht von 90minuten.at werden 150 Mitglieder von Red Bull Salzburg genannt. Auf der Seite von transfermarkt.at gar nur Null Mitglieder.

Alle anderen Vereine mühen sich damit ab, um aus dem vorhandenen Interesse des Werbemarkts das Geld zum Überleben zu erwirtschaften. Alle Vereine müssen schwere Entscheidungen für das wirtschaftliche Überleben und gegen den sportlichen Erfolg treffen. Wir wissen zum Beispiel nicht, wie es um die Finanzen von Rapid bestellt ist; bei dieser Größe kann bald das Licht ausgehen, und wir werden ja sehen, ob man nicht Spieler abgeben wird müssen, nur um den Betrieb aufrecht erhalten zu können.

Alles das braucht der Serienmeister nicht kalkulieren. Entscheidungen dieser Art kennt man dort nicht.

Fairness

Die Entdeckung des Sports im 19. Jahrhundert erscheint wie die Erfüllung der Sehnsucht nach Gerechtigkeit in einer ansonsten ungerechten Welt. In der Welt des Sports gilt das eigene Können, der eigene Fleiß, die eigene Motivation. Einheitliche Regeln für alle ermitteln den Besten oder die Beste.

Dass wir diesem Wettbewerb millionenfach folgen können, ist eine Folge der jüngeren Technikgeschichte.

Ein Sportbetrieb musste immer schon zunächst wirtschaftlich erfolgreich sein, um überhaupt von sportlichen Erfolgen träumen zu können. Aber der Aspekt der Wirtschaftlichkeit dürfte bis in die Mitte des 20: Jahrhunderts noch von geringerer Bedeutung gewesen sein. Mit zunehmendem Publikumsinteresse über Medien, stieg auch der Finanzierungsanteil durch Werbung. Aber das alles ist ja noch Teil eines fair anmutenden Wettbewerbs. Mehr Werbung, mehr Zuschauer, mehr Fernsehminuten, mehr Einnahmen.

Diese Mechanismen werden aber durch die neuen Besitzverhältnisse in Vereinen völlig durcheinander gebracht. Es ist ganz gleichgültig, ob in Salzburg jemand wirbt oder nicht wirbt, das Geld ist einfach da. Das aber widerspricht diesem ursprünglichen Gedanken der Fairness völlig. Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem Meistertitel und dem Ausmaß an Zuspruch seitens der Werbewirtschaft, weil die gar nicht gebraucht wird. Meistertitel dienen nicht zur Erfüllung der Sehnsucht des Publikums nach solchen Titeln, sie dienen nur der Aufrechterhaltung einer Marketinglüge.

Marktwerte

Im Schnitt hat ein österreichischer Fußballspieler einen Marktwert von 756.000 Euro. Aufgeschlüsselt nach Vereinen schwankt der durchschnittliche Spielerwert zwischen 256.000 € (Tirol), 923.000 € (Rapid) und 3.680.000 € (RB). Genauer zeigt es diese Grafik. (Daten aus Transfermarkt)

Zahlenwerte aus Transfermarkt.at

Spielergehälter

Um einen Spieler mit dem dreieinhalbfachen Marktwert eines Spielers von Rapid in Österreich zu halten, bedarf es auch entsprechend höherer Spielergehälter. Als Außenstehende können wir diese Gehälter nur schätzen. Wenn wir auch nicht die genaue Höhe dieser Gehälter kennen, die Verhältnisse der Gehälter werden dieser Grafik folgen.

Wir sind die besten!

Die Interviews der Spieler und Trainer von RB hören sich an, als wäre es tatsächlich ihre eigene Leistung gewesen, die den neuerlichen Titelgewinn ermöglicht hat. Mitnichten!

Einerseits haben sie zwar nicht unrecht, dass jeder von ihnen Spitzenfußballer ist. Allerdings ist es der Gehalt, der sie zusammenhält, und es ist ein Gehalt, der nicht durch ihre eigene Leistung erwirtschaftet wurde. Sollten diese SPieler zufällig bei eine, Verein gelandet und hätte sie dort den Titel geholt, wären diese Spieler nach der Erringung des Meistertitels in alle Winde zerstreut, so wie das bei anderen Mannschaften, die nicht das nötige Kleingeld haben, die Spieler zu halten, auch der Fall ist.

Auch wenn es einem der Verfolger punktuell gelingt, RB zu überholen, ist das nur eine Eintagsfliege, denn die Spieler, denen das gelingt, folgen in der darauf folgenden Saison „dem Ruf des Goldes“.

Konzern statt Verein

In Österreich ist der Gegner Nummer 1 nicht ein Verein wie andere. Abgesehen von den finanziellen Möglichkeiten, Spieler halten zu können, hat RB ein ganzes Netzwerk von Zwiegstellen gegründet: Salzburg, Liefering, Leipzig, Ghana, Brasilien, NewYork. (siehe https://sports.bwin.com/de/news/infografiken/red-bull-imperium-salzburg-leipzig-new-york)

Das Netzwerk bietet Spielern Ausbildung im Heimatland, Aufstiegschancen, höhe Gehälter, beste Bedingungen. Das Imperium reduziert das Risiko von Transferflops und reduziert die Abwanderungstendenz der Spieler.

Aus dieser Ungleichheit der Finanzierungsmöglichkeiten entstand im Laufe der Jahre ein derartiges Übergewicht, dass die Liga zu einem langweiligen Schauspiel ausgeartet und lediglich die Frage interessant ist, wer der Zweite ist, denn der erste Platz ist praktisch nach dem Saisonstart bereits vergeben.

Alles für eine Marketinglüge

Das Ziel eines Fußballvereins ist es, Titel für seine Anhängerschar zu holen. Normalerweise. Bei RB ist das aber nicht so. RB hat gar kein Interesse an Fans. Das Ziel des Projekts ist einzig und allein der Beweis einer Werbelüge durch eine Vielzahl sportlicher Projekte. Es wäre gleichgültig, ob in Wals-Siezenheim Zuschauer sitzen oder nicht, es ist egal, ob sich Anhänger vom Verein abwenden. Es ist überhaupt nicht beabsichtigt, Anhänger an den Verein zu binden; es geht nur darum mit einem sportlichen Titel eine andere Marke zu stärken. Und dieses Motiv ist nicht ein Begleitmotiv, sondern das Hauptmotiv.

Und daher ist RB kein Fußballverein im herkömmlichen Sinn. Es dient nicht dem Publikum sondern einer Marke.

Fußball wird also instrumentalisiert und daher sollte sich der Fußball wehren.

Langeweile statt Spannung

Der Erfolg ist ein „Vogerl“ und das „Vogerl“ verweilt nicht nur auf einem Baum.

Fußball auf dem Niveau von Fußballvereinen ist deshalb so interessant, weil auch der kleinere Erfolg haben kann. In der Geschichte alter Fußballvereine sind zwei Meistertitel in Folge etwas ganz Besonders. Acht Titel in Folge hat es noch nie gegeben, weil die Kräfteverhältnisse im Bereich des klassischen Fußballs keine solchen Dominanzen erlauben.

Diese Unvorhersagbarkeit von Toren, Siegen und Titel ist es, die Fußball interessant machen. Wenn es einmal soweit ist wie derzeit in Österreich, wo es keine Frage ist, wer Meister wird, sondern nur, mit wie vielen Punkten Abstand, wo es keine Frage ist, wer gewinnt, sondern nur mehr wie hoch, dann beginnt Fußball seinen Sinn zu verlieren, weil die Hoffnung, die jeder Anhänger ins Stadion mitbringt, zunichte gemacht wird.

Durch Quersubventionierung werden die Kräfteverhältnisse zugunsten eines Vereins so verschoben, dass es nicht mehr um Sieg oder Niederlage geht, sondern nur darum, wie viele Tore der Dominator erzielt. Für Zuschauer wird es langweilig. Das Spiel, das für ein breites Publikum erfunden wurde, artet zu einem Spiel der Reichen aus, bei dem Publikum zugelassen wird. Man hat als Zuschauer das Gefühl der Manipulation und soll eventuell einem Meister huldigen, von dem man weiß, dass nur fremderwirtschaftetes Geld diese Dominanz ermöglicht.

Kann man was dagegen tun?

Am Anfang wäre es einfach gewesen. Damals 2005 als RB ins Geschäft einstieg, war schon klar, dass hier kein klassischer Fußballverein ensteht, sondern eine Firma mit ganz anderen Absichten als andere Vereine sie haben. Man hätte damals einfache Regeln einführen können, die definieren, was denn so ein Fußballverein sein soll und unter welchen Bedingungen man sich unterstützend beteiligen kann.

Aber dass ein Verein in die Liga kommt, der nicht am Werbemarkt mitnascht, war für die Verantwortlichen anscheinend zu attraktiv. Ob sie das heute auch so entscheiden würden?

Das Problem ist, dass Fußballvereine zu einem Bewerb antreten, um für ihre Anhänger Meister zu werden, RB aber einer Marketingaussage zur Wahrheit verhelfen will, dass nämlich ein wertloses Getränk Flügel verleiht. Würde RB sich in die Reihe der Interessenten an Fußballwerbung einreihen, könnte es einen Verein über eine Schriftzug am Trikot sponsern oder die Liga zu einer RB-Liga machen. Stattdessen macht RB ihren Spielern glauben, dass sie um einen Meistertitel kämpfen, stattdessen vermehren sie den Wert einer Limonadenfabrik.

Nun hat auch die Aufschrift „Wien Energie“ diesen Zweck, aber eben nur in einem Ausmaß, das einen vertretbaren Werbeaufwand in einem Energieunternehmen darstellt. Werbeetats sind ja nicht beliebig groß und sie sind knapp kalkuliert.

Die Lösung im Sinne von mehr Fairness ist einfach – zumindest für uns „Milchmädchenrechner“, es muss klarer definiert sein, was ein Fußballverein ist und was kein Fußballverein ist. RB ist kein Fußballverein und hat auch nicht Probleme eines solchen Vereins zu überwinden und daher sollte er auch nicht in einem Wettbewerb von Fußballvereinen teilnehmen.

An einer Bundesliga-neu dürften nur Vereine teilnehmen, die solche sind. Es gibt weder eine Beteiligungsmöglichkeit am Vereinseigentum also auch keine 50%+1-Aktien-Regel wie in Deutschland, noch gibt es Schenkungen, die sich in einem Sponsoring verstecken, also etwa eine Phantasiesumme für einen Trikot-Sponsor. Werbung ist natürlich zulässig und Teil des Wettbewerbs, aber ihre Summen dürfen ein ortsübliches Ausmaß nicht überschreiten.

Dass so etwas gar nicht so unüblich in einem regulierten Wettbewerb ist, kann man auch an der Förderung politischer Parteien sehen, wo man eine Förderobergrenze eingezogen hat, die dann relativ plump auch ausgenutzt wurde. Und genau mit diesen Problemen müsste sich dann die Liga auch auseinandersetzen. Derzeit muss sie ja offenbar nur darauf schauen, dass ein Verein ausreichend dotiert ist. Dann müsste sie auch darauf achten, ob Obergrenzen bei den Einnahmen nicht überschritten werden.

Obergrenzen können durchaus großzügig bemessen sein, sollte ein potenter internationaler Konzern bei einem Verein als Sponsor anklopfen, weil ihm das neue österreichische Modell imponiert, sollte für ein solches Engagement „Luft nach oben“ sein. Aber es sollte eben nicht möglich sein, den heimischen Markt monopolhaft zu dominieren.

Wie kommt man zu einer solchen Liga?

Ganz einfach, man löst die bisherige Bundesliga auf und gründet eine neue mit diesen geänderten Voraussetzungen.

Nun kann man einwenden, dass ein solches Modell eine Art Lex „Rapid“ ist, würde sie doch die Nummer Zwei schlagartig (wieder) zur Nummer Eins machen.

Dass man das nicht befürchten muss, dafür sorgt der Wettbewerb und die historische Erfahrung. Wir müssen nur die Folge der Meistertitel der letzten 50 Jahre hernehmen, um zu sehen, das Rapid keineswegs eine solche Rolle eingenommen hat.

Eine solche Bundesliga-neu bedeutet nicht automatisch, dass aus einem Serienmeister RB ein Serienmeister Rapid werden würde, weil die Unterschiede zwischen den Vereinen viel geringer sind, als die derzeitigen Unterschiede zu RB. Wie man an der obigen Grafik sieht, gibt es keinen gravierenden Unterschied zwischen dem Mannschaftswert von Rapid und des LASK. Dagegen übersteigt der Mannschaftswert von RB den von Rapid um 300 Prozent.

Würden die kleinen Vereine mitmachen?

Die kleinen Vereine bilden die Mehrheit in der Bundesliga und ohne begleitende Maßnahmen werden sie einer solchen Umstrukturierung wohl nicht zustimmen, denn ihnen kann es egal sein, wer Meister wird, weil ihre eigene Chance auf einen Titel zu gering ist. Aber man könnte sie für eine solche Bundesliga-neu gewinnen, wenn man ihnen dafür eine flache Verteilung der Fernsehgelder zubilligt. Derzeit gibt es ja einen Verteilungsschlüssel, der verschiedene wünschenswerte Kriterien wie Publikumszuspruch oder Österreicher-Anteil bewertet.

Würde der ÖFB so eine neue Ordnung begrüßen?

Das Ziel eines Landesverbandes ist auch eine möglichst hohe Positionierung im europäischen Ligensystem. Dass Österreich in der kommenden Saison von Platz 12 startet, ist schon beachtlich und zu einem großen Teil auf die Erfolge von RB zurückzuführen. Eine Obergrenze bei der Finanzierung von Vereinen würde diesen Höhenflug jäh abbremsen.

Wenn das Investitionsvolumen in die Liga sinkt, wird der ÖFB in dieser Frage wohl in Opposition gehen. Und das würde auch der Haltung der UEFA und FIFA in Finanzierungsfragen von Fußballklubs entsprechen. Dort stößt sich auch niemand daran, dass längst das Kapital bestimmt, wer die Titel holt und Spieler zu Marionetten, Vereine zu abhängigen Handlangern und Zuschauer werden.

So eine Rückkehr zu „Football old style“ hätte eben auch ihren Preis.


Eine Antwort zu “Waffengleichheit im Fußball”

  1. […] Entscheidung zugunsten von Manchester City liegt ganz auf dieser Linie. Im Artikel “Waffengleichheit im Fußball” wird die Beliebigkeit der Geldquelle infrage gestellt, und es wird verlangt, dass nur Geld, dass […]